Andy Holzer ist der einzige blinde Profi-Bergsteiger Europas. Noch im Mai will er auf dem Gipfel des Mount Everest stehen. Wir begleiten ihn mit einer Serie bei seiner Vorbereitung und beim Weg hinauf in eisige Höhen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Mount Everest - 16. Mai – 44. Tag der Expedition des „Blind Climber“ Andy Holzer und seines Teams auf den Mount Everest.

 

Der Sommermonsum rückt näher

Andy Holzer hat in diesem Jahr am Mount Everest dasselbe Problem wie alle Bergsteiger: Das Wetter ist wie verhext. Das schmale Zeitfenster lässt eine Gipfelbesteigung nur im Mai zu. Anfang Juni – also in zwei Wochen – setzt der indische Sommermonsun ein und bringt gewaltige Wassermengen in den Himalaya.

Die hohen Niederschläge halten bis zu September/Oktober an. Neuschnee von drei Metern und mehr täglich sind am Everest ganz normal. Von den Stürmen, die Windgeschwindigkeiten von bis zu 300 Stundenkilometern erreichen, ganz zu schweigen. Das Herumklettern auf den Achttausendern des Himalaya und des benachbarten Karakorum ist dann unmöglich

„Das Wetter ist der Schlüsselfaktor“

„Alle Everest Meteorologen sind sich einig: Noch nie hatten sie eine Saison erlebt, in der es so schwierig war Prognosen für den Everest zu erstellen“, berichtet der österreichische Expeditionsveranstalter Furtenbach Adventure aus Innsbruck. „Und sind sie einmal erstellt, kommt doch alles anders. Das Wetter ist diese Jahr definitiv der Schlüsselfaktor.“

„Bis jetzt gab es zwei ganz kurze Wetterfenster, die sowohl von Norden als auch Süden von ein paar wenigen genutzt wurden“, heißt es bei Furtenbach Adventure weiter. Weil es bisher noch kein optimales Wetterfenster gegeben habe, sei das Team immer noch auf Warteposition. „Gambling (Zocken) kann gut gehen, kann aber auch ordentlich in die Hose gehen. Wir sind aufgrund der neuesten Meldungen der Meteorologen zuversichtlich, dass es bald das lang ersehnte Fenster geben wird.“

Was ein Everest-Abenteuer kostet

E-Klasse oder Expedition

Fahren Sie gerne schnittige Autos? Eine Mercedes E-Klasse beispielsweise? Eine Limousine E 250 mit 211 PS gibt es bereits laut Herstellerliste für 48 135,50 Euro. So ein edles Gefährt hält viele Jahre. Jedenfalls hat man länger Freude daran als an einer Expedition auf den Mount Everest.

Seit der Kommerzialisierung der Everest-Bergsteigerei Ende der 1980er Jahre haben 4000 bis 5000 zahlungskräftige Kunden aus aller Welt für eines der exklusivstes Vergnügen auf dem Planeten gezahlt. Nervenkitzel inklusive. Schließlich weiß niemand, ob man auch wieder heil vom Gipfel runter kommt. Bei fast 300 Toten, die auf dem Berg geblieben sind, ist die Gefahr in eisigen Höhen sein Leben zu lassen, relativ groß.

Diese Bergsteiger haben es bereits geschafft

Das große Geschäft mit dem höchsten Gipfel

Expeditionsveranstalter von Himalaya-Trekking- und Klettertouren gibt es viele. Das logistisch aufwendige Geschäft lohnt sich. Es gibt genug betuchte Kunden, die das ultimative Abenteuer suchen und bereit sind dafür ihr Leben zu riskieren.

Nordroute ab 38 000 Euro

Eine große österreichische Adventure-Firma hat in diesem Jahr den Mount Everest gleich dreimal im Angebot. Die Expedition samt Aufstieg über die Nordroute dauert vom 3. April bis 30. Mai. Preis: 41 990 Dollar (38 000 Euro). Ein Klick auf den Button der Website und schon hat man das Ticket auf den höchsten Berg der Welt gebucht und ist mit einem Fuß im Everest-Basecamp.

Im Paket ist der Transport vom Flughafen Kathmandu bis zum Gipfel enthalten. Extras kosten – wie zum Beispiel ein persönlicher Sherpa (6500 Dollar/5900 Euro), das Sauerstoffpaket (3000 Dollar/2700 Euro), die Visa für Nepal und China, Versicherungen, Trinkgelder, Alkohol, Bergausrüstung, Gebühren für das Satellitentelefon, Gipfelbonus etc.. Macht unterm Strich mindestens 60 000 Dollar (circa 54 000 Euro).

Südroute ab 50 000 Euro

Der Aufstieg über die Südroute vom 2. April bis 29. Mai ist mit 54 990 Dollar (49 700 Euro) deutlich teurer. Das All-inclusive-Paket kostet ab 75 000 Dollar (68 000 Euro) aufwärts.

Flash-Version für 95 000 Dollar

Am teuersten ist die „Everest Flash Expedition“ über die Nordseite. Die Tour vom 5. Mai bis 1. Juni verschlingt pro Person 95 000 Dollar (86 000 Euro) und ist etwas für ganz Eilige. „Zeit ist unser wertvollstes Gut. Wir verändern das Expeditionsbergsteigen an hohen Bergen grundlegend. Für Sie“, schreibt der Veranstalter auf seiner Homepage. „Mount Everest in weniger als vier Wochen. Während eine normale Everest Expedition knapp zwei Monate in Anspruch nimmt, kommt unsere Flash Expedition mit vier Wochen aus. Und erhöht dabei Sicherheit und Erfolgschancen.“

Kommerz und Sicherheit

Kommt jeder gegen Bares auf den Gipfel?

Der Gipfel-Kommerz führt zu einem gigantischen Andrang. In dieser Frühjahrssaison warten mehr als 700 Bergsteiger darauf, den höchsten Gipfel der Welt zu erklimmen. Wird gegen Bares jeder auf den Everest hoch geschleppt?

„Wir akzeptieren keine unerfahrenen Quereinsteiger“

„Ich möchte nie mit dem Vorwurf konfrontiert sein, Everest-Veranstalter würden jeden nehmen für Geld. Auch wenn verschiedene Medien immer wieder behaupten, dass jeder halbwegs fitte Mensch es auf den Everest schaffe: Das ist absoluter Schwachsinn“, sagt Lukas Furtenbach von der Innsbrucker Alpinschule Furtenbach in einem Interview. „Jede Achttausender-Besteigung ist und bleibt ein anspruchsvolles, anstrengendes, mental extrem forderndes Unterfangen. Wir akzeptieren keine unerfahrenen Quereinsteiger auf Expeditionen.“

„Nepalesische Billiganbieter sind die Bösen der Branche“

Der Großteil aller Todesfälle der letzten Jahre an Achttausendern gehe auf das Konto von einigen wenigen nepalesischen Billiganbietern. Sie seien in Notsituationen überfordert, erklärt Furtenbach. „Nicht selten werden Kunden dann alleine gelassen und in Folge von etablierten westlichen Veranstaltern gerettet. . . Es klingt hart, aber heute sind tatsächlich sie die ‚Bösen‘ der Branche.“