Schwupps, schon ist der Schraubenschlüssel weg. Dennis Lomprich ist ein ziemlich schwäbischer Zauberer. Der 21-jährige Student lässt statt Karten und Bällen lieber Gusseisernes von der Werkbank durch die Luft fliegen.

Hemmingen - Wäre der Besuch an diesem Morgen vor der vereinbarten Zeit gekommen, Dennis Lomprich hätte seine Show ändern müssen. Denn ohne Vorbereitung klappt es nicht mit der Zauberei. Eine halbe Stunde plant der 21-jährige Hemminger immer ein, damit alle Requisiten für seine Nummer an Ort und Stelle sind. Wo genau dies ist, dieses an Ort und Stelle, das verrät er nicht. Egal, wie neugierig gefragt wird. „Das Geheimnis eines Tricks beeindruckt niemanden“, sagt Lomprich dazu nur.Aber der Besuch ist zur verabredeten Zeit gekommen, die Vorführung im Keller seines Elternhauses kann beginnen. Wobei die Umgebung eigentlich nicht vorführungstauglich ist. An den Wänden seines Übungszimmers hängen Filmplakate, die „Titanic“ und „Pulp Fiction“ ankündigen. In einer Ecke lagern die Gartenkissen für den Sommer. Es fehlt das Schwarz der Bühne, der samtene Vorhang, die großen Scheinwerfer. Der Abstand zwischen Magier und Publikum, der ebenfalls wichtig ist. Wer dem Zauberer quasi auf dem Schoß sitzt, lässt sich nicht so leicht entrücken. Lomprich bittet den Besuch einfach, noch ein bisschen an die Wand zu rücken, vielleicht die Brille abzunehmen - das schafft die notwendige Distanz. Schnell tippt der Zauberer noch auf seinem Smartphone herum. Als die gewünschte Musik in der gewünschten Lautstärke aus dem Gerät dröhnt, legt Lomprich es zufrieden auf den Tisch und tritt in Pose. Mit einem Mal wachsen weiße Bälle aus seiner Hand, die nach einem Handschütteln grün werden. Schraubenzieher tauchen wie aus dem Nichts zum Takt der Musik auf. Mit ihnen bestückt Lomprich die bislang unscheinbar im Raum stehende Metallfigur. Stück für Stück entsteht ihr während der Vorstellung ein Gesicht aus Schrauben und Schraubenschlüsseln. Gut zehn Minuten dauert die Vorführung – und kein einziges Mal hat der Besuch mitverfolgen können, woher das Werkzeug kam. Obwohl der große Scheinwerfer fehlte, obwohl er dem 21-Jährigen trotz des Sicherheitsabstandes immer noch fast auf dem Schoß saß. „Aus dem Ärmel kommt nichts“, sagt er noch und deutet auf sein aufgekrempeltes Hemd. Mit einem allenfalls zu erahnenden Lächeln stellt Lomprich die Musik aus dem Handy ab. Er scheint zufrieden. Wieder ist eine Nummer geglückt.

 

Seine Fingerfertigkeit kommt nicht von ungefähr. Intensiv hat er in den vergangenen Monaten geübt. Sogar in einer Tanzschule in Stuttgart Choreographie-Unterricht genommen. Damit nicht nur die Finger wissen, was sie tun sollen. Auch der Blick ins Publikum muss stimmen, seine Schritte und Bewegungen einen Spannungsbogen erzeugen, der durch die gesamte Nummer führt.

Einen dritten Platz hat ihm dies vor zwei Wochen auf den deutschen Meisterschaften für Zauberkunst in Sindelfingen in der Kategorie „Manipulation“ eingebracht. Nicht nur seine Tricks gefielen der Jury. Auch, dass er mit Werkzeug zaubert. Das ist eine Innovation, die meisten Magier treten mit Karten und Bällen auf. „Mein Onkel hat einen Metallbetrieb. Er hat mir bei der Bühnenausstattung geholfen.“ Doch als den künftigen David Copperfield sieht er sich nicht. Obwohl er bereits mit sechs Jahren von der Lehrerin geschimpft wurde, weil er im Unterricht zauberte. Obwohl er mit 17 Jahren, nachdem ihn das Fußballspielen nicht mehr erfüllte, der Stuttgarter Ortsgruppe des Magischen Zirkels von Deutschland beigetreten war. „Klar“, sagt Lomprich. Er würde zu gern einmal die Nummer mit der zersägten Frau machen. Eine Halle wegzaubern. Wissen, wie das mit der großen Illusion geht.Aber die kleine, feine Zauberei – der verschwundene Schraubenschlüssel, der Ball, der die Farbe ändert, sie fasziniere ihn genauso. „Große Illusionen sind teuer“, sagt er. Er verdient zwar Geld mit seinen Auftritten, vor allem vor Weihnachten buchen ihn Firmen und Gesellschaften. „Aber eigentlich möchte ich von der Zauberei nicht leben müssen“, sagt er, der in Heidenheim Wirtschaftsinformatik studiert. Dann würde die Zauberei für ihn das Spielerische, das Besondere verlieren. Vielleicht würde es ihm gar keinen Spaß mehr machen, abends, beim Ausgehen, seinen Freunden auf Wunsch etwas vorzuzaubern. Dann müsste er während der Anfangszeit jeden Auftrag annehmen. „Wenn man sein Hobby zum Beruf macht, verliert man es.“