32 Jahre ist Werner Nafz Bürgermeister des Ortes gewesen. Er hat den Wandel der Gemeinde vom Bauernflecken zur modernen Kommune mitgestaltet. Und manchmal, so scheint es, würde er auch heute noch ab und zu gern mitmischen.
Hemmingen - Ja, was wird denn dees? Könna mir ons do auf d’r Stuhl setza?“ Mit Skepsis betrachten die Spaziergänger den gelben Holzstuhl auf dem Rasen vor dem Hemminger Schloss. „Ah wa! Den kann ich Ihnen nicht empfehlen, der wackelt. Ist nur was für Politiker“, flachst Werner Nafz. Auch der ehemalige Hemminger Bürgermeister betrachtet den Stuhl, auf dem er posieren soll, mit Skepsis. Mit dem Ergebnis seines Probesitzens ist er nicht zufrieden. Baronischer als Baron Varnbühler wirkt Nafz mit den übereinander geschlagenen Beinen. „Jetzt setz’ ich mich halt, wie ich will, wie wir uns früher gesetzt haben.“ Schwungvoll dreht Werner Nafz den Stuhl herum, stützt den Arm auf die Lehne und grinst spitzbübisch.
Mehr als 20 Jahre lang war die herrschaftliche Kulisse mit Park und Schloss sein Amtssitz. 1978 wurde Nafz mit 34 Jahren hier Bürgermeister. Eines der ersten Projekte des jungen Schultes: die Verwaltung aus dem alten Rathaus ins Schloss umzusiedeln. Er wollte das in die Jahre gekommene Gebäude, in dem ein Altersheim untergebracht war, sowie den verwilderten Park unbedingt für die Hemminger öffnen. Denn er sah in dem Ensemble den Ankerpunkt, um den „bäuerlichen Flecken“ mit „Klein-Manhattan“, dem Wohnpark Schlossgut, zusammenzuführen. „Ein Rathaus-Neubau wäre für die Verwaltung bequemer gewesen. Aber für die Gemeinde war das Schloss das Richtige“, sagt Nafz heute noch mit Verve.
Der Gemeinderat sah das damals anders. „Der Schultes will ins Schloss, jetzt isch’r größawahnsinnig worda“, lauteten die Kommentare. Nafz übte sich in Geduld, wartete die nächsten Gemeinderatswahlen ab und präsentierte dem neuen Gremium sein Anliegen noch mal. Diesmal ging es durch. Etwa zwei Millionen Mark haben Schlosssanierung und Verwaltungsumzug gekostet. Das sei doch kein schlechter Preis, sagt Nafz und springt im nächsten Moment auf, um die Rathaustür zu öffnen. „Guten Tag Frau Christen“, begrüßt er eine ehemalige CDU-Stadträtin. Es sei zwar Mittwoch, da habe die Verwaltung eigentlich keinen Kundenverkehr, aber wo er doch gerade da sei. Dann grüßt er einen ehemaligen Kollegen vom Bauhof und den Hauptamtsleiter Ralf Kirschner. Nafz ist zwar seit 2010 nicht mehr im Amt – aber seine 32 Jahre an der Spitze der Gemeindeverwaltung, die kann er nicht verleugnen.
Nächste Station des Spaziergangs: die Sichelhäuser und das Wohngebiet Schöckinger Pfädle. „Hier haben wir versucht, den Übergang zwischen dem Dorf und dem Wohnpark zu schaffen“, sagt er, weist auf den sanft abfallenden Stockwerksbau und auf die Fußwege im Gebiet hin. Auch hier: eine Herzensangelegenheit. Fast jedes Haus hat eine Geschichte – und der Ex-Schultes kennt sie.
Bald wird Nafz 70. Dennoch kandidiert er erneut für den Kreistag. Reizt ihn die Kommunalpolitik noch? Er bläst die Backen auf und lässt die Luft mit einem nicht ganz überzeugend klingenden „Nein“ entweichen. Er fügt ein entschiedener klingendes zweites „Nein“ an. „Die kommunalpolitische Glut lodert noch in mir. Aber sie wird nicht angefacht!“ Natürlich habe er seine Meinung. Doch es sei nicht angebracht, als Ex-Schultes weiter „herumzubäffen“. „Dann heißt es, der hat noch nicht genug.“ Aber den neuen Haushalt, den will er sich mit Muße zu Gemüte führen. Um Sparpotenzial aufzuspüren? Nafz Brauen schnellen in die Höhe. Er sei nie geizig gewesen, vielmehr großzügig, wenn es galt, in seinen Augen sinnvolle Dinge zu unterstützen. Und der Klassiker der servierten halben Hemminger Brezeln? „Halbe Brezeln heißt doch nicht, weniger Brezeln anzubieten!“ Und überhaupt: „Rein praktische Gründe! Da hat man noch eine Hand frei für einen Wein und läuft nicht Gefahr, dass, wenn man da unglücklich reinbeißt, einem das Gestänge um die Ohren fliegt.“
Letzte Station: das Gebäude der türkisch-islamischen Gemeinde in der Saarstraße. In 32 Jahren habe er keine außerordentliche Gemeinderatssitzung einberufen, aber wenige Tage vor seinem Dienstende wurde dies nötig. Es galt, dem türkischen Verein nach einigem Hin und Her ein Gelände im Gewerbegebiet zu sichern. Für Nafz ist diese Variante „eine elegante Lösung“. „Hier stört sich niemand am Besucherverkehr. Und der Verein hat auch seine Ruhe.“ Standorte im Ort habe er immer abgelehnt. „Sie wissen, wie explosiv solche Themen sein können.“ Mit Grauen denkt er an einen ähnlichen Fall in Oberstenfeld zurück. „Was war das da für ein Theater!“
Dafür hat er es gern in Kauf genommen, von einigen Gruppen als „untätig“ gescholten zu werden. „Anderthalb Jahre für die Suche nach einem Gelände ist nicht so lang“, findet Nafz. Untätigkeit, die kann man ihm wohl generell nicht vorwerfen.