Klaus Wuckelt versorgt die Taubenschar in Rechberghausen, weil er sie als Teil der Schöpfung betrachtet. Zugleich sorgt er mit seinem ehrenamtlichen Tun dafür, dass die Taubenpopulation im Rahmen bleibt.

Region: Corinna Meinke (com)

Rechberghausen - Viel brauchen die Tauben nicht, die sich auf dem Turm von Mariä Himmelfahrt zuhause fühlen. Ein wenig Getreide und frisches Wasser reichen den gefiederten Bewohnern aus, um gesund und munter ihre Kreise um das Wahrzeichen der Schurwaldgemeinde Rechberghausen zu drehen. Seit rund 20 Jahren fühlt sich Klaus Wuckelt für die Tauben verantwortlich und sorgt dafür, dass sich die Tiere nicht unkontrolliert vermehren.

 

Ein oder zwei Mal pro Woche steigt der für sein Mandolinen- und Lyraspiel bekannte Musiker die Stufen zum Taubenschlag über dem Chorraum der katholischen Kirche hinauf, um nach seinen Schützlingen zu sehen.

Nur ein leises Gurren ist zu hören, es riecht nach Stroh und Vogelfutter. Heute finden sich lediglich zwei Eier in den zahlreichen Nestern, für die Wuckelt zusammen mit einem befreundeten Schreiner die Stellagen eingebaut hat. „Die anderen Eier haben bestimmt wieder die Dohlen geholt“, vermutet Wuckelt und schlägt die Eier prüfend zusammen. Keines zerbricht, denn die Eier sind aus Gips.

Regelmäßig legt Wuckelt den Tieren die Attrappen ins Nest und sammelt die echten Taubeneier ein. Erst nach zwei, drei Wochen geben die Vögel das taube Ei auf und legen erneut. Dann beginnt Wuckelt mit dem Prozedere von vorne. Mehrere Hundert Taubeneier sammle er pro Jahr aus den Nestern, schätzt Wuckelt. Er verteilt die Eier auf Wiesen am Waldrand, wo sie von Wildtieren gefressen werden. Auch sonst hält es der kräftige Mann mit dem kleinen Dutt auf dem Kopf mit der natürlichen Nahrungskette und betrachtet die Dohlen, die im benachbarten Kirchturm hausen, als willkommene Helfer bei der Geburtenkontrolle. „Fressen und gefressen werden“, dass sei in der Tierwelt ganz normal, verteidigt er die Eierdiebe, alle seien ein Teil der Schöpfung.

Dass die Rabenvögel sogar die künstlichen Eier davon schleppen, nimmt Klaus Wuckelt achselzuckend in Kauf. Nach all den Jahren, in denen er seine Freundschaft zu den Tauben bewiesen hat, ist es der Musiker längst gewöhnt, stets einen Nachschub an Gipseiern parat zu haben – und das alles auf eigene Kosten, versteht sich.

Wuckelt wirbt um Verständnis, dass er kein Mann großer Worte sei: „Ich teile mich lieber durch meine Musik mit“ und deshalb möchte er sich auch aus dem Streit um den richtigen Umgang mit Tauben in der Stadt heraushalten, wie er derzeit beispielsweise aufs Neue in der Nachbarstadt Göppingen ausgetragen wird. Aber in einem ist sich der Taubenfreund sicher: „Tauben können gut in der Stadt leben, wenn man ihre Nester kontrolliert und sie anständig füttert“.

Die Sorge mancher Menschen, seine gefiederten Freunde würden Krankheiten übertragen, teilt Wuckelt nicht. Er ist sich sicher, dass der Gesundheitszustand der Tiere vom Futter abhängt. „Nur wenn sie nichts Anständiges zu fressen bekommen, picken sie Abfälle“, vermutet der Tierfreund. Er hält auch nichts von der Idee, den Taubenschlag in Rechberghausen von der Kirche zu einem Trafohäuschen zu verlegen, weil Tauben bis zum Tod standorttreu seien und auch ohne Schlag die Kirche als ihre Heimat betrachten würden.

Wuckelt warnt: Mit einem Verlegungsversuch würde man sich alte Probleme erneut einhandeln. Dann würden die Tiere ihre Nester wieder in den Dachrinnen und Kehlen des Dachs bauen. So wie damals, als Wuckelt von einer Rechberghäuserin, die die verletzten Jungtiere beklagte, die regelmäßig vom Dach fielen, auf das Nistproblem der Tiere aufmerksam gemacht wurde.