Jede Zunft hat ihr eigenes Handwerkszeug: So wie der Schmied ohne Hammer, Zange und Amboss nicht auskam, gehörten bei den Filderbauern das Krautmesser und der Dorschichbohrer zum Arbeitsgerät.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Filder - Jede Zunft hat ihr ganz spezielles Handwerkszeug – das gilt auch für die Krautbauern auf den Fildern. So wie ein Schmied ohne Hammer und Zange, seinen Amboss und die Gluthitze des Ofens nicht auskam oder der Schreiner ohne Säge, Stechbeitel, Leim und Schraubzwingen nur Däumchen drehen konnte, brauchte es auch beim Spitzkraut passende Gerätschaften.

 

Das Krauteisen, ein in S-Form geschmiedetes Stampfmesser zum leichteren Zerkleinern der auf gut Filderschwäbisch als „Blätschen“ bekannten und benannten Deckblätter ist bei „Was isch au des?“ im Zusammenhang mit den als Viehfutter genutzten Krautresten ja bereits erwähnt worden. Doch es gab noch mehr Spezialwerkzeug, um Anbau und Ernte der Haible zu erleichtern.

Der Karst wird auch von Hobbygärtnern rege benutzt

Nicht nur Landwirten, sondern auch Hobbygärtnern dürfte beispielsweise der zweizinkige Karst geläufig sein. Den benötigten die Filderbauern nicht nur, um die nach der Ernte im Boden steckenden Krautstrünke mitsamt dem Wurzelwerk aus der Erde zu hacken. Auch das zur Bewahrung der Feuchtigkeit bei den Jungpflanzen wichtige Anhäufeln war eine oft mit dem Karst erledigte Aufgabe. Die Krautstengel wurden bis zu den ersten Blättern mit Erde bedeckt, um einer Austrocknung vorzubeugen.

Um bei der Ernte den harten Strunk aus dem Krautkopf zu schneiden, wurde möglicherweise aus dem Küferhandwerk ein anderes Gerät entlehnt – der sogenannte Dorschichbohrer, benannt nach dem schwäbischen Wort für den holzigen Kern des Krautkopfs. Der etwa 15 Zentimeter lange Bohrer wurde direkt neben dem Strunk eingeschlagen und dann mit aller Kraft um den harten Kern herumgedreht – das erklärt den stabilen Handgriff. Mit dem Strunkbohrer funktionierte das Entkernen besser als mit jedem Messer – schließlich wollten penible Hausfrauen möglichst wenig als „Gockeler“ benannte Reste des harten Strunks in ihrem Sauerkraut.

Die Klinge fürs Kraut könnte auch ein Entermesser sein

Aus der Küche wiederum ist ein Wiegemesser bekannt, das auf den Fildern in fast jedem Haushalt zu finden war – nur dass mit dem Werkzeug statt Kräutern eben Kraut zerkleinert wurde. Ein Messer mit einer scharfen, aber biegsamen Klinge brauchten die Filderbauern, um die Haible auf dem Feld zu schneiden – wer die vom Echterdinger Manfred Schäfer im Bild gezeigte schwäbische Machete betrachtet, kann erahnen, wie oft das Metall gedengelt und gewetzt wurde, um für den Arbeitseinsatz buchstäblich messerscharf zu bleiben. Weggeschmissen wird nichts, solange es noch einigermaßen taugt. Mit dem extravaganten Wellenschliff könnte die Krautklinge durchaus auch als Filmrequisite durchgehen – oder wie stellt man sich ein Entermesser von Piraten anders vor?