Um bei wohlhabenden Familien auf den Fildern die Haible einzuschneiden, kamen früher Gastarbeiter aus den Alpen.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Filder - Die Arbeit mit dem Krauthobel ist eine ebenso anstrengende wie schweißtreibende Angelegenheit – wer’s nicht glaubt, mag sich beim Krautfest im Herbst von der Mühe überzeugen. Kein Wunder also, dass sich wohlhabende Familien gern der Dienste professioneller Krauthobler bedienten, um die auf den Fildern geernteten Spitzkraut-Haible zu einer schmackhaften und auch über die Wintermonate haltbaren Dauerkonserve zu verarbeiten.

 

So wie es im Schwarzwald einst den Beruf des Schindelmachers gab, der mit Klemmbrett und Spaltmesser von Hof zu Hof zog, um in den Sommermonaten die Dächer auszubessern, waren hierzulande früher die Krauthobler unterwegs, um als mobile Schneidetruppe ihr Brot zu verdienen.

Hobel mit bis zu sechs Schneiden

Der mit messerscharfen Klingen ausgestattete Krauthobel – im Großformat bis zu einen Meter lang und mit sechs Schneiden – war nämlich das wohl wichtigste Handwerkszeug, um ein zartes, weil dünn und fein gehobeltes Sauerkraut herstellen zu können. Die besten Resultate, das hat der früher im Filderstädter Kulturamt tätige Gert Herzhauser notiert, kamen zustande, wenn beim Hobeln nicht viel mehr als das Eigengewicht des Krautkopfs auf den Messern lastete. „Wird mit Druck gehobelt, wird das geschnittene Kraut rauh, das heißt wesentlich dicker im Durchmesser“, schreibt er im von den Stadtarchiven in Leinfelden-Echterdingen und Filderstadt veröffentlichten Band „Das Filderkraut“. Mit einem Messer war ein derart feiner Schnitt nicht zu bewerkstelligen – zumal es beim Einschneiden des Krauts ja auch sauber und vor allem schnell zugehen sollte.

Die Hobel – das geht aus einem Warenhauskatalog von 1912 hervor – wurden unter der Markenbezeichnung „Tiroler Krauthobel“ auf den Markt gebracht, weil sie in der Alpenregion gut und günstig hergestellt wurden. „Es liegt nahe, dass Tiroler, Vorarlberger und Leute aus dem Bregenzer Wald solche Hobel hergestellt haben und über Land gezogen sind, um sie zu verkaufen und Kraut mit ihnen einzuschneiden“, stellt Herzhauser fest. In den „Blättern für Kostümkunde“ wird schon 1881 ein Wandersmann aus dem Vorarlberg gezeigt, der mit der Pfeife im Mund und dem Krauthobel über der Schulter seines Wegs zieht. Selbst nördlich der Mainlinie sind die Dienstleister nicht unbekannt. „Oftmals war der Hobel aber nicht in jedem Haus, sondern wurde ausgeliehen. Es gab auch Gegenden, in denen Fremde die Arbeit verrichteten. So kam im Kreis Lüdinghausen bis etwa zum Ersten Weltkrieg ein alter Tiroler von Cappenberg bis Dortmund und schabte in unglaublichem Tempo gleichmäßig und sauber Unmengen von Kohl“, berichtet Heinrich Siuts in einem Buch über bäuerliche und handwerkliche Arbeitsgeräte in Westfalen.

Handhobel verlor an Bedeutung

Auch Gert Herzhauser hat noch eigene Erinnerungen an die Krautschneider: „Als kleiner Bub habe ich solchen Frauen zugeschaut, die von Haus zu Haus gingen um den Leuten das Kraut einzuschneiden. Mich faszinierte, wie die zwei Frauen innerhalb weniger Stunden einige Zentner Kraut gesäubert, ausgebohrt, eingeschnitten und eingestampft hatten“, erzählt er.

Sicher ist, dass nicht Abenteuerlust, sondern Armut und Not die Menschen trieb, sich in der Fremde zu verdingen – zumal das Schwäbische Wörterbuch die Krauteinschneider in einem Atemzug mit Geißhirten und Taglöhnern nennt. Sicher ist aber auch, dass mit der Entwicklung der Krautschneidemaschine der Handhobel seine Bedeutung verlor – mit der erst mit der Handkurbel, später mit Motorkraft in Bewegung gesetzten rotierenden Schneidscheibe ging die Sauerkrautherstellung noch mal so schnell.