Kurt Ulmer aus Zell im Kreis Göppingen braucht seinen Stromversorger eigentlich nur noch zum Stromtausch. Denn schon, bevor er seine Solaranlage installierte, hatte er seinen privaten Verbrauch um mehr als die Hälfte gesenkt – ohne sich einschränken zu müssen.

Zell - Aller Augen bei der Energiewende sind auf alternative Ressourcen gerichtet. Manche bauen Blockheizkraftwerke in ihre Häuser, andere montieren sich Fotovoltaikanlagen auf das Dach oder denken über ein Windrad im Garten nach, und mancher Bauer macht noch aus Gülle Strom. Darüber schüttelt Kurt Ulmer aus Zell unterm Aichelberg nur den Kopf. „Da wird mit Subventionen ein Haufen Strom produziert, den bis heute kein Mensch sinnvoll verbrauchen oder speichern kann. Die Rechnung geht nicht auf“, bilanziert der 66-Jährige.

 

Der Ruheständler bezeichnet sich selbst als begnadeten Mathematiker, doch für seine Energierechnung braucht man kein Abitur. „Es hat keinen Sinn, mehr Strom zu produzieren, als man verbraucht“, lautet der Leitsatz seiner privaten Energiewende. Und die funktioniert so gut, dass er als Stromspartüftler mittlerweile Vorträge an Volkshochschulen, bei den Landfrauen und den Senioren 50 plus ebenso wie vor Mittelstandsvereinigungen gibt. In den Neubau der Bad Boller Sporthalle gehen seine Ideen ein, und auch andere Kommunen setzen auf den Rat des Zeller Gemeinderats und Privatiers Kurt Ulmer.

Stromverbrauch um mehr als die Hälfte gedrückt

Erst Strom sparen, dann produzieren, lautet seine einfache Devise. Und gespart hat er. Seinen Stromversorger benötigt er rein rechnerisch nur noch zum Stromtausch. Den Eigenverbrauch hat Ulmer in seinem Zwei-Personen-Haushalt von 4000 Kilowattstunden im Jahr auf knapp 1700 gedrückt. Zum Vergleich: ein Single-Haushalt kommt auf rund 2000 Kilowattstunden. Ulmer muss deshalb aber nicht im Kerzenlicht abendessen oder auf Unterhaltungselektronik verzichten, nicht einmal auf die wohltuende Infrarotkabine, und das Geschirr wird ebenso wenig wie die Wäsche von Hand gewaschen. Es sind einfache Kniffe, auf die der Tüftler setzt – und investiert hat er dafür gerade einmal 3000 Euro.

„Man kann natürlich lauter neue Geräte kaufen, aber das lohnt sich oft nicht“, erklärt er. Ulmer rechnet vor: Wenn eine neue Waschmaschine mit bester Energieeffizienzklasse nur noch 1,5 Kilowattstunden Strom verbrauche statt wie die alte zwei Kilowattstunden, spare man bei zwei Waschgängen pro Woche gerade einmal rund 50 Kilowattstunden im Jahr, umgerechnet also 12,50 Euro. Dafür betrage die Investition 500 Euro. „Das lohnt sich nur, wenn sowieso ein neues Gerät fällig ist“, sagt Ulmer.

Richtig viel Energie spare man hingegen, wenn man statt einer 50-Watt-Birne ein 5-Watt-LED-Leuchte nehme. „Außerdem kostet das nur fünf Euro und macht sich innerhalb von zwei Monaten bezahlt.“ Ulmer ist mittlerweile LED-Spezialist. Die Importfirma, die er auf der Suche nach der optimalen Qualität bei minimalstem Verbrauch aufgetan hat, hat ihn unlängst sogar in ihr Werk nach China eingeladen, wo jene LED-Leuchtkörper produziert werden, auf die Ulmer setzt.

Der Tüftler stellt auch Strom selbst her

Mit Bewegungsmeldern vernetzt, hat er das ausgediente Telefonleitungsnetz im Haus zum 12-Volt-Netz für Miniverbraucher umgebaut. Die LEDs haben eine Leistung von 0,3 Watt, die Bewegungsmelder sogar nur 0,1 Watt und liefern dennoch die Grundbeleuchtung. „Telefoniert wird heutzutage via Internet. Da habe ich die Telefonleitungen einfach anderweitig belegt“, erklärt er. Mittlerweile hat Ulmer auch eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach. Deren Ertrag speist er in sein Hausnetz ein. Einen Teil davon kann er sogar in einer handelsüblichen Blei-Gel-Batterie speichern. In den sonnenreichen Mittagsstunden nutzt er aber auch gerne Großverbraucher, den Herd sowieso, aber auch die Waschmaschine oder den Wäschetrockner.

Noch muss er einen Teil des Stroms tauschen. Etwa 700 Kilowattstunden verbraucht er unmittelbar. Die restlichen 1000, die seine Anlage im Durchschnitt darüber hinaus produziert und die nicht gespeichert werden können, liefert er ins Netz. Dieselbe Menge entnimmt er insgesamt für gewöhnlich in Zeiten, in denen seine Anlage zu wenig zur Verfügung stellt. Dieser Tausch kostet ihn etwa 125 Euro im Jahr, da eine Differenz zwischen Einspeisevergütung und Strompreise besteht. Neben der Grundgebühr seien das seine einzigen Stromkosten, sagt er. So gesehen seien also nur zwei Prozent der Jahresleistung seiner Solaranlage überflüssig.

Ehrenamtlicher Energieberater

Für Ulmer ist die Energiewende nur eine einfache Gleichung. „Meine Solaranlage leistet eben nicht 4000 Kilowatt peak, sondern ungefähr jene 2000 Kilowatt, die ich auch verbrauche. Die Anlage ist deshalb nicht überdimensioniert und belastet auch nicht die Netze. Und sie war auch nicht teuer“, sagt Ulmer und rechnet alles vor.

Mathematik und Tüftelei seien ihm in die Wiege gelegt worden, ergänzt er. Als Berufsschüler bastelte er schon Verstärkeranlagen, von denen einige heute noch ihren Dienst im Festzeltbetrieb tun. Später landete der Tüftler als Ingenieur bei der Waffenschmiede Messerschmitt-Bölkow-Blohm. Als ihr die Aufträge ausgingen, machte er sich selbstständig – als Getränkehändler. Im Alter von 52 Jahren hat er sich zur Ruhe gesetzt. Seither tüftelt er privat und engagiert sich im Ehrenamt – als Energieberater.