Zoya the Destroya, Liberty Belle, Vicky the Viking und all die anderen hinreißend-verzweifelten Catcherinnen sind zurück: Was taugt die zweite Staffel der überdrehten Wrestling-Show-Satire „Glow“ auf Netflix?

Freizeit & Unterhaltung : Gunther Reinhardt (gun)

Stuttgart - Das Leben ist zu kurz, um es mit schlechten Serien vor dem Bildschirm zu verschwenden. Wir haben für Sie gesehen: die erste Episode der zweiten Staffel von „Glow“.

 

Die Story in drei Sätzen Willkommen zurück in den 1980er Jahren, wo die Vorbereitungen für die Frauen-Wrestling-Show „Glow – Gorgeous Women of Wrestling“ auf Hochtouren laufen. Während Sam (Marc Maron) sich erst einmal eine Nase voll Kokain gönnt, nervt ihn Ruth (Alison Brie) mit lauter Ideen, die die Show noch spektakulärer machen könnten. Die Frauen, die wieder in die Rollen von Vicky the Viking, Beirut the Mad Bomber oder The She Wolf schlüpfen sollen, ärgern sich derweil darüber, dass ihre Kostüme immer noch nach Bier und Rassismus müffeln.

Wer ist neu in Staffel 2? Da gibt es zum Beispiel Yolanda, die Neue im Wrestlingteam, die angeheuert wurde, nachdem sie Sam in einer Striptease-Bar einen Lapdance spendiert hat. Oder der nette Kameramann Russell, der sich gut mit Pornos auskennt. Außerdem schaut Rick vorbei, der als Starregisseur gilt, weil er für die erfolgreichste Show des „Glow“-Senders verantwortlich ist: „Quilten leicht gemacht“. Und dann ist da noch der Sicherheitsmann im Einkaufszentrum, der von einer Schauspielkarriere träumt.

Was soll das alles? Wer will, kann „Glow“ als eine krude 1980er-Revue, eine trashige Farce zwischen „Flashdance“ und „Police Academy“ abtun. Doch eigentlich verstecken Liz Fahive und Carly Mensch, die Erfinderinnen der Serie, in dieser absurden Komödie die sehr ernste Frage, ob die Frauenbewegung der 1970er Jahre irgendetwas erreicht hat.

Der Dialog des Tages Ruth: „Du bist Hitch. Ich bin Alma. Unsichtbar, aber unentbehrlich.“ Sam: „Was redest du für einen Quatsch?“ Ruth: „Ich rede von Alfred und Alma Hitchcock. Ich bin die Frau hinter dem Mann, die Frau, die dem Mann dazu verhilft, Großes zu tun, während eigentlich sie den Laden schmeißt.“

Der Monolog des Tages „Stellen Sie sich vor, ich wäre Clark Kent, und ich habe Ihnen mein Cape gebracht, damit Sie es reinigen. Doch Sie haben es verschlampt. Und immer wenn ich mich jetzt in Superman verwandle, muss ich ohne mein verdammtes Cape herumfliegen!“ Wrestling-Star Debbie ist empört, weil die Frau von der Reinigung ihr Liberty-Belle-Kostüm nicht finden kann.

Das Ding des Tages I Die Polaroid-Kamera war das Instagram der 1980er Jahre.

Das Ding des Tages II Die Aktenmappe war das Smartphone der 1980er Jahre.

Die Szene des Tages Sam findet, die „Glow“-Show brauche keinen Vorspann. Ruth sieht das anders und dreht heimlich in einem Einkaufszentrum eine herrlich alberne Titelsequenz, „die die Verbindung von Gewalt unter Frauen und dem Konsumkult in den USA verdeutlich soll“, wie Ruth dem Kameramann erklärt.

Das Song des Tages Billy Joels fieser Smash Hit „You maybe right“, der durchs Einkaufszentrum dröhnt.

Was sind die Alternativen? „Glow“ ist neben „The Marvelous Mrs. Maisel“ und „Dietland“ eine der ambitioniertesten Auseinandersetzungen mit weiblichen Rollenbildern, die das Fernsehen derzeit bietet.

Bingewatch-Faktor „Glow“ erweist sich auch beim Auftakt der zweiten Staffel als eine wunderbar spröde, schlaue und sarkastische Satire auf die Diskriminierung, die trotz der Achtziger-Jahre-Kostümierung ganz nah dran am Hier und Jetzt ist.

Gesamtnote 2

Die 2. Staffel von „Glow“ ist von Freitag, 29. Juni, an bei Netflix verfügbar.

Sehen Sie im Video ein Porträt des Hobbywrestlers Chriss Riot aus Weinheim: