Aus Frust soll der gelernte Maler und Lackierer André H. in Berlin 102 Autos in Brand gesteckt und damit Schäden in Millionenhöhe angerichtet haben.

Berlin - Aus Frust soll der gelernte Maler und Lackierer André H. in Berlin 102 Autos in Brand gesteckt und damit Schäden in Millionenhöhe angerichtet haben. Er habe „die ganze Stadt, die ich liebe, in Angst und Schrecken versetzt“, so der 28-Jährige in einem umfassenden Geständnis, das sein Anwalt vor Gericht verlas. Versetzte er die Stadt im vergangenen Sommer in Angst und Schrecken oder gefährdete er sogar Menschenleben, indem er oft mehrere Brände in einer Nacht legte?

 

Polizisten schilderten gestern im Prozess Fälle, in denen die in Flammen stehenden Autos womöglich benachbarte Gebäude hätten in Brand setzen können. In einem Fall griffen die Flammen tatsächlich auf das ausgebaute Dach eines Hauses über.

Nur Modelle der gehobenen Preisklasse

Im Carport neben diesem Wohnhaus stand ein Wagen im Flammen, ein zweiter fing Feuer, die Holzkonstruktion des Carports ebenfalls. Eine junge Polizistin berichtete, das Wohnhaus daneben sei erheblich beschädigt worden und der zu dieser Zeit glücklicherweise unbewohnte Dachausbau habe Feuer gefangen. Ein Baum habe die Flammen in Richtung Haus gelenkt. In einem Seniorenheim über einem Autoverleih sei die Rauchentwicklung durch einen Autobrand indes so stark gewesen, dass ein Teil der Bewohner vorübergehend evakuiert werden musste.

Ein 52-jähriger Hausbesitzer aus dem vierten Stock sagte, er sei durch einen Knall aufgewacht, habe die hochschießenden Flammen bemerkt und die Feuerwehr sowie die anderen Hausbewohner alarmiert. Plastikjalousien und Balkonkästen seien geschmolzen, Fensterscheiben gesprungen. Wegen der großen Hitze habe er das Haus nur über die Hoftür verlassen können.

Angezündet hat André H. fast nur Modelle der gehobenen Preisklasse. „Reiche Leute, die mehr Geld haben, sollten sich auch mal ärgern“, umschrieb der arbeitslose Mann, der tagsüber als Missionsleiter bei den Mormonen auftrat, sein Motiv. Dazu sei Liebeskummer gekommen: Kurz vor Beginn der Brandserie im Juni 2011 ließ eine Frau ihn abblitzen. Erst im Oktober klickten die Handschellen, seitdem ist er in Haft. Bis es so weit war, wurden nachts bis zu 650 Polizisten auf die Straßen geschickt, zeitweise die Bundespolizei eingesetzt und in großem Stil Daten über Handyverbindungen ausgewertet.

Der Brandstifter wollte ins Fernsehen kommen

Sozialneid, Liebesfrust und Geltungsdrang: An zwei aufeinanderfolgenden Nächten fackelte der 28-Jährige offenbar 23 Autos in Berliner Innenstadtbezirken ab. Er habe einen Rekord aufstellen und ins Fernsehen kommen wollen. Überwachungsvideos in Bussen und Bahnen führten die Polizei schließlich auf seine Spur, er wurde observiert. Die anhaltende Serie von Autobrandstiftungen entwickelte sich auch zum heißen Wahlkampfthema vor den Berliner Parlamentswahlen im Herbst. Die FDP und die damals noch oppositionelle, inzwischen mitregierende CDU veröffentlichten großflächige Plakate mit ausgebrannten Fahrzeugwracks darauf. „Muss Berlin das verstehen?“, fragten die Christdemokraten, während die Liberalen die deutsche Hauptstadt „nicht den Chaoten überlassen“ wollten. Die Polizei ging schon damals davon aus, dass der Großteil der Brände nicht der linken Szene zuzuordnen sei.