Sie trinken Blut, sie schwärmen vom Jahr Dreizehnhundertirgendwas und sie leben auf Staten Island: Die Vampire der Comedyserie „What we do in the Shadows“ bei Joyn passen nicht so recht in ihre Umwelt. Das wird hier vergnüglich fies erzählt.

Stuttgart - Wer fühlt sich nicht manchmal abgehängt, verwirrt und aus der Zeit gefallen? In einer dynamischen Welt kommt man sich beim Blick auf die Gesellschaft ringsum schnell so vor, als sei man in einer anderen Epoche mit völlig anderen Maßstäben, Freuden und Umgangsformen eingeschlafen und nun in einer bizarr deformierten Zukunft wieder aufgewacht. Für dieses Unwohlsein gibt es eine Kur – die Comedyserie „What we do in the Shadows“, deren zehn aktuelle Emmy-Nominierungen unbedingt alle in fertige Preise umgewandelt werden sollten.

 

Gott lässt die Zunge brennen

„What we do in the Shadows“ erzählt von ein paar Typen, die wirklich aus der Zeit gefallen sind, denen das aber völlig egal zu sein scheint, von einer Wohngemeinschaft rumänischer Vampire in einer eher kleinbürgerlichen Nachbarschaft auf Staten Island. Nandor (Kayyan Novak), Laszlo (Matt Berry) und Nadja (Natasia Demetriou) leben ihre Traditionen, falls man das bei untotem Gezücht so sagen kann, wobei einem das Klammern an die Vampirkultur aus der alten Heimat meist wie Schwelgen in Lebenslügen – oder halt: Sargschlaflügen – vorkommt.

Irgendwie sind sie dann aber doch pragmatisch genug, sich durch eine moderne Welt zu schlängeln, die sie gar nicht kapieren wollen. Und nehmen sich aus dem Hier und Heute Fetzchen, die ihnen gefallen. Nandor etwa verpatzt zwar das Interview bei der Einwanderungsbehörde, das ihn zum US-Bürger machen könnte, gleich eingangs durch die eher gebieterisch vorgetragene Bitte „Machen Sie mich eins mit Ihrem Reich des Bösen“. Das Wort Gott kann er auch nicht aussprechen, seine Zunge geht dabei in Flammen auf. Aber er mag Basketball.

Mit gebleckten Fängen

All den groben Unfug, den die Vampire anrichten, muss ihr menschlicher Hausdiener Guillermo (Harvey Guillén) ausbügeln, den man mit dem fadenscheinigen Versprechen, auch ihn irgendwann zum Vampir zu machen, bei der Stange hält. Das ist ein Seitenhieb auf die Praktikantenkultur in manchen Branchen, wie hier überhaupt Gags und Anspielungen auf allen Ebenen angesiedelt sind. Jemaine Clements Serie, von der zwei Staffeln beim Streamingdienst Joyn in Originalsprache und Synchronisation abrufbar sind, basiert auf dem gleichnamigen Kinofilm (Regie: Taika Waititi, der auch hier mitmischt) aus dem Jahr 2014, geht aber eigene Wege. Und legt sich mit gebleckten Fängen mit einer Mimosenkultur an, bei der alle wetteifern, sich beleidigter, gekränkter und zurückgesetzter zu fühlen.

Ja, hier werden auch mal Schwarze, Indianer, Frauen, Schwule, Migranten, Kleinwüchsige und Dicke veräppelt. Niemand wird aber konsequenter und fieser vorgeführt als weiße Privilegieninhaber, Mainstreamsurfer und Machotypen mit exzellentem Sportlerkörper. „What we do in the Shadows“ macht mal wieder klar, dass das Umgekehrte Diskriminierung wäre, nämlich irgendeine Gruppe von so einem vergnüglichen Zerrspiegel der Realität schonungshalber fernzuhalten, Motto: Die sind nicht vollwertig, die halten nichts aus.

Verfügbarkeit: beim Streamingdienst Joyn, zwei komplette Staffeln abrufbar