Was Serina Pinar, die Mitgründerin des medizintechnischen Start-ups Cytolytics antreibt und warum sich mehr Frauen trauen sollten, Verantwortung zu übernehmen.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Tübingen - Sie Sie ist offen und direkt und steckt voller Energie. Serina Pinar, 25-jährige Mitgründerin des Tübinger Start-ups Cytolytics hat vor zwei Jahren den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt und es noch keine Sekunde bereut.

 

„Dranbleiben und jeden Tag sein Bestes geben und an der Vision arbeiten“, hat sie sich zum Ziel gesetzt. Mitunter eine große Herausforderung, sagt die Jungunternehmerin, die mit Leidenschaft bei der Sache ist. „Auch wenn es an manchen Tagen nur Minibausteine sind, rückblickend hat man sehr viel geschafft“, sagt Pinar, die das Unternehmen gemeinsam mit ihrem Ehemann Can Pinar und Christoph Zimmermann, beide studierte Bioinformatiker, gegründet hat.

Datenanalysen werden schneller und günstiger

Mittlerweile besteht das Team aus zwölf Mitgliedern und die Wachstumschancen des Start-ups sind vielversprechend. Cytolytics hat sich auf die automatisierte Analyse medizinischer Daten durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) spezialisiert. Der Schwerpunkt liegt auf der sogenannten Durchflusszytometrie, einem Routinediagnostik-Verfahren, welches bis heute manuell durchgeführt wird und weit verbreitet ist – beispielsweise bei der Krebsdiagnose.

Statt mehrerer Stunden schafft Cytolytics dank KI-Unterstützung Analyseergebnisse in wenigen Minuten – im Gegensatz zur manuellen Analyse, die nicht nur zeitaufwändiger und fehleranfälliger ist, sondern auch noch jede Menge Fachpersonal bindet. Das könnte mit Hilfe mit maschinellen Methoden und KI-Algorithmen deutlich entlastet werden, womit man auch ein stückweit dem Fachkräftemangel entgegenwirke, sagt Serina Pinar.

Krebsfrüherkennung verbessern

Was sie und das ganze Team antreibt? „Dass es gelungen ist, die Brücke zwischen Technologie und Medizin zu schlagen – und das, was dabei herauskommt“, beschreibt sie es. Wenn man damit beispielsweise die Krebsfrüherkennung verbessern und so sehr vielen Menschen helfen könne, nennt sie ein Beispiel. Jährlich erhielten in Deutschland rund 500 000 Menschen die Diagnose Krebs.

Da sei noch viel Luft nach oben, was die Entwicklung weiterer Technologien angehe und diese wolle Cytolytics mitgestalten, so die Gründerin. Die Vision ist nicht aus der Luft gegriffen. Cytolytics profitiert auch vom Start-up-Netzwerk des Cyber Valleys Tübingen, Europas größtem Forschungskonsortium im KI-Bereich, und arbeitet mit dem Universitätsklinikum zusammen.

„Unternehmertum ist ein Teamsport“

Der studierten Erziehungswissenschaftlerin Pinar, die an der Uni Tübingen ihren Master of Education gemacht hat, ist der Fokus auf Menschen wichtig. Deshalb hat sie sich auch für ein pädagogisches Studium entschieden, weil der Mensch im Zentrum der Lehre stehe. „Bei Cytolytics kann ich dieser Leidenschaft nachgehen, wobei das Team für mich das A und O ist. Unternehmertum ist ein Teamsport“, sagt die Chefstrategin. Dazu gehören für sie ein „phantastisches Entwicklerteam“, genauso aber auch unterschiedliche Perspektiven, Studien- und Berufserfahrungen.

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Und was war die größte Herausforderung? „Den Mut zum Gründen zu fassen“, sagt Pinar. Deshalb hat sie sich im Dezember 2020 auch besonders über den Sieg beim Start-up-Wettbewerb „Female Founders Cup“ gefreut, mit dem die baden-württembergische Landesregierung Gründerinnen und deren Start-ups auszeichnet. „Das war eine große Ehre und Freude für mich“, sagt die gebürtige Schwarzwälderin – und ist für sie zugleich Ansporn.

Vorbild für andere Frauen

Denn zur unternehmerischen Verantwortung gehört für sie auch, für die Sichtbarkeit von Gründerinnen einzustehen und ein stückweit Vorbild für die heranwachsende Generation zu sein. „Wir haben so viele starke Frauen in der Wirtschaft, doch in Sachen Chancengleichheit gibt es noch einiges aufzuholen“, sagt Pinar. Sie will auch anderen jungen Frauen Mut machen. „Das Wichtigste ist, sich zu trauen und sich von inneren und äußeren Erwartungshaltungen zu lösen.“ Damit verbindet Pinar auch, Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen zu treffen und die Konsequenzen auszuhalten, aber auch die Ziele im Blick zu behalten und gegebenenfalls anzupassen. „Mir macht es Spaß“, sagt die umtriebige junge Frau.

Und wie kann sie am besten abschalten? „Da setze ich mich an meine Staffelei und male mit Ölfarben oder probiere ein neues Kochrezept aus“, sagt die Hobbyköchin, die noch viel vor hat.