Ein neues Tempolimit auf der Straße zwischen Steinenbronn und Echterdingen soll Unfälle verhindern. Manche rechnen jedoch mit dem genauen Gegenteil.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Steinenbronn/Echterdingen - Auf der kurvenreichen Strecke durch den Wald von Steinenbronn nach Echterdingen (L 1208) gilt seit Kurzem eine neue Geschwindigkeitsbeschränkung. Allerdings mit einer Besonderheit: Hinter der Seebruckenmühle werden nur Motorradfahrer dazu angehalten, nicht schneller als 50 Kilometer pro Stunde zu fahren. Für Autofahrer gilt weiterhin die außerorts übliche Höchstgeschwindigkeit von – theoretisch – maximal Tempo 100.

 

In der Facebook-Gruppe „Schwarzes Brett Leinfelden-Echterdingen“ wird rege über das Thema diskutiert. „Die Unfallgefahr wird sich in den nächsten Wochen noch erhöhen, und zwar dann, wenn ein Motorradfahrer mit 50 um die Kurve schleicht und ein Auto mit 70 hinterherfährt und das Motorrad nicht sieht“, schreibt Julia S. Auch Karin E. befürchtet eine erhöhte Gefahr: „Es wird mehr knallen als vorher!!!“ Steffen S. denkt, dass das Tempolimit von Menschen entschieden worden sein müsse, „die noch niemals auf einem Motorrad gesessen haben“. Anderer Meinung ist der Fahrlehrer Frank D. Er geht davon aus, dass Autofahrer ein langsamer fahrendes Motorrad sehr wohl sehen. „Das steht ja da nicht, und so blind sollte man nicht sein, wenn man ein Kfz bewegen will. Vermutlich fährt jeder Motorradfahrer in Zukunft dort jetzt 71, weil bei 70 fährt man 91... Bei ausreichend Abstand passiert da genau nix, und das ist der Punkt, der zählt!“

Abwägen der Für und Wider

Im Bürger- und Ordnungsamt Leinfelden-Echterdingen ist das Einführen der neuen Regelung, die es sonst an keiner Stelle im Ort gibt, vorab gründlich diskutiert worden. „Wir hatten einen Ortstermin, zu dem auch ein Motorradfahrer von der Landespolizei hinzukam“, sagt die stellvertretende Leiterin Jutta Rößler und räumt ein, dass sich die Mitarbeiter mit der Entscheidung schwergetan hätten. „In Abwägung aller Für und Wider erschien es uns als das Richtige. Wir halten es für eine zumutbare Lösung.“

Grund für die teilweise Geschwindigkeitsbeschränkung sei die Vorgeschichte der Serpentinenstraße: „Wir hatten dort eine auffällige Häufigkeit an Motorradunfällen“, sagt Rößler. Besonders an einer Kurve hätten sich Motorradfahrer immer wieder verschätzt und seien zu schnell hineingefahren. Sie sei nämlich enger als die anderen Kurven, was bislang nicht erkennbar gewesen sei. Vor etwa sechs Wochen seien deshalb zusätzliche rote Verkehrspfeile angebracht worden, um die Kurve deutlich von den anderen, weniger engen Straßenbiegungen abzuheben. „Das fällt jetzt wirklich auf“, sagt Rößler. „Wir haben aber auch gesagt, wir müssen noch mehr aufrüsten, denn wir haben Sorge vor den nächsten Unfällen.“ So sei die Entscheidung für das Tempolimit ausschließlich für Motorräder gefallen.

Trügerisches Gefühl der Sicherheit

Jutta Rößler räumt ein, dass noch bis vor sieben, acht Jahren für alle Fahrzeuge Tempo 50 auf der Strecke ausgeschildert gewesen sei. Die Tempo-50-Vorschrift habe den Fahrern aber ein trügerisches Gefühl der Sicherheit gegeben, mit 50 km/h in die Kurven fahren zu können. Deshalb habe man die Schilder abmontiert, denn es gelte der Grundsatz, dass es keine ausgewiesene Geschwindigkeitsbegrenzung brauche, „wenn die Straße vor einem erkennbar ist und der Autofahrer sie beherrschen kann. Er hat die Geschwindigkeit so zu wählen, dass er verkehrssicher fahren kann.“ Autofahrer dürften also rein theoretisch 100 Kilometer pro Stunde fahren, auf den Serpentinen sei das aber „völlig illusorisch“. Aufgrund eines Gefahrenhinweises sei dies auch für jedermann erkennbar, betont Rößler. Realistisch sei auch für Autofahrer lediglich ein Tempo von 50, maximal 60 km/h. Die Gefahr, dass Autofahrer auf langsamere Motorräder auffahren könnten, sieht sie daher nicht. „Wer dort mit 70 fährt, der fährt unangepasst.“ Die Höchstgeschwindigkeit gelte ohnehin immer nur unter günstigen Bedingungen.

Ob sich die Motorradfahrer künftig an das Tempolimit halten und die Zahl der Unfälle abnimmt, bleibt abzuwarten. „Es wäre wichtig, dass wir kontrollieren“, kündigt Rößler an.