Was die Sexualmedizinerin empfiehlt

Dabei gibt es Hilfen: Diese bietet beispielsweise Stephanie Kossow. Sie ist Ärztin für Sexualmedizin der Charité in Berlin. Weniger Beweglichkeit oder Medikamente, die eingenommen werden müssen, aber die Lust beeinträchtigen – die körperlichen Schwierigkeiten bei Sex im Alter können vielfältig sein.

 

Dennoch hat Kossow eine überraschende Botschaft: Das wichtigste Sexorgan sei nicht der Penis oder die Vagina – sondern das Gehirn. „Studien zeigen, dass „great sex“ – also Sex, der sich gut anfühlt – nicht von der sexuellen Funktion abhängt und auch eine gute sexuelle Funktion keine Garantie für guten Sex ist“, sagt Kossow. Das machen Medikamente wie Viagra, die die Erektion steigern sollen, deutlich: Volle Wirkung entfalten sie nur, wenn die Situation für den Patienten auch erotisch ist. Was der Kopf nicht aufregend findet, wird auch den Penis nicht munter machen – Viagra hin oder her.

Viele ältere Frauen fordern eigenen Spaß im Bett ein

Let’s talk about Sex – Der Song der Frauen-Hip-Hop-Gruppe Salt’n’Pepper aus den 90ern ist also immer noch der beste Ratschlag. Und tatsächlich trauen sich immer mehr Ältere, über ihre Gefühle zu reden. Das beobachtet nicht nur die Autorin Andrea Micus. Micus hat für ein Buch über Senioren, die noch einmal auf Partnersuche gehen, mit rund 60 älteren Menschen gesprochen. Vor allem bei Frauen sieht sie ein Umdenken: „Diejenigen, die heute 60 oder 70 Jahre alt sind, haben jahrzehntelang kaum über Sexualität gesprochen.“ Sie seien ohne jegliche Ansprüche an ihren eigenen Spaß beim Sex erzogen worden, weshalb viele zu „langweiligem Hausfrauensex“ keine Alternativen kennen gelernt hätten. Das sei heute anders: „Was ältere Frauen jetzt zu Sexualität in den Medien lesen, kitzelt sie wach. Viele fordern jetzt die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse ein“ – vor allem diejenigen, die sich wieder auf Partnersuche begeben.

Klappt’s nicht? Humor hilft

Die Heidelberger Paartherapeutin Riehl-Emde geht davon aus, dass der Trend zu mehr Offenheit sich verstärken wird: „Denn die Generation, die jetzt alt wird, hat mehr Erfahrung mit Psychotherapie und ist es eher gewohnt, über ihre Probleme zu sprechen.“

Und wenn am Ende doch mal etwas nicht klappt? „Ich versuche, eine humorvolle Perspektive zu eröffnen“, sagt die Paartherapeutin Riehl-Emde. Warum gleich alles bitterernst nehmen? Die Erfahrung, dass mal was nicht klappt, gehöre schließlich auch außerhalb des Schlafzimmers zum Alltag.