Betrügerische Mails spielen mit dem Scham der Betroffenen: Die Täter behaupten, kompromittierende Videos der Opfer zu besitzen. Ein Polizeisprecher verrät, was dahintersteckt – und, wie man vorbeugen kann.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Rems-Murr-Kreis - Das Polizeipräsidium Aalen warnt vor einer neuen Welle der Erpressermasche namens Sextortion beziehungsweise Sextorsion, die auch im Rems-Murr-Kreis im Umlauf sei. Betroffene erhalten E-Mails oft in englischer Sprache, in denen behauptet wird, ihr Computer sei gehackt worden. Auf diese Weise – das behaupten die Erpresser – seien die Opfer über ihre Webcam gefilmt worden, wie sie vor dem Computer sexuelle Handlungen an sich vornähmen.

 

Die Erpresser setzen auf das Schamgefühl der Betroffenen. Sollten diese nicht bis zu 3000 Euro bezahlen, drohen die Täter, die angeblichen Videos zu veröffentlichen oder sie an Freunde und Bekannte weiterzuleiten. „Uns ist aber kein Fall bekannt, in dem ein Geschädigter bezahlt hätte“, so ein Polizeisprecher. Ausgeschlossen sei es jedoch nicht. „Es ist ja auch denkbar, dass Betroffene bezahlen und keine Anzeige erstatten, aus Angst, dass der Partner etwas davon mitbekommt.

Das Bundeskriminalamt Österreich erklärt eine andere Variante der Masche in einem Video:

In den vergangenen drei Monaten sind allein im Rems-Murr-Kreis 30 Sextortion-Fälle angezeigt worden. „Wir gehen aber davon aus, dass die Dunkelziffer deutlich höher ist“, so der Sprecher. Die Welle der Epressungsversuche sei bereits die zweite. Die neuen Mails unterschieden sich von den bisher bekannten dadurch, dass sie oft in englischer Sprache verfasst seien. Um ihrer Drohung Nachdruck zu verschaffen und um vorzuspiegeln, dass die Computer tatsächlich gehackt wurden, enthalten die Mails oft auch Passwörter, die die Betroffenen tatsächlich verwenden.

Das rät die Polizei im Kampf gegen den Internet-Betrug:

Die Polizei geht aber davon aus, dass die Absender der Mails die PCs der Betroffenen nicht wirklich gekapert haben. Die Passwörter seien vermutlich bei anderen Hackerangriffen abgegriffen worden, oft handele es sich um alte Kennwörter, die bereits geändert worden seien. Laut dem Polizeipräsidium ist nicht davon auszugehen, dass die Erpresser wirklich kompromittierende Videos aufgenommen haben.

Die Polizei rät, keinesfalls auf die Forderungen der Erpresser einzugehen, sondern rasch eine Anzeige zu erstatten. „Außerdem sollte das Virenprogramm des Computers stets auf dem aktuellen Stand sein. Passwörter sollte man ebenfalls regelmäßig ändern“, so der Polizeisprecher. Dabei sei darauf zu achten, keine simplen Zahlenkombinationen wie „12345“ oder den Namen der Kinder zu wählen.

Um sicherzugehen, dass Hacker keinen Zugriff auf die eigene Webcam erhalten können, lässt sich deren Linse auch abdecken, entsprechende klappbare Vorrichtungen gibt es günstig zu kaufen. Der Facebook-Chef Marc Zuckerberg persönlich hat vor zwei Jahren ein Foto veröffentlicht, auf dem im Hintergrund deutlich zu erkennen ist, dass er an seinem eigenen Macbook die Kamera und das Mikrofon abgeklebt hat.