Nach drei Monaten hat die Polizei endlich eine heiße Spur. Der Sexualmord an einer Joggerin in Endingen weist Parallelen zu einem drei Jahre alten Fall in Kufstein in Tirol auf.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Endingen/Kufstein - Ganz geheuer ist es Lucile K. nicht in jener Januarnacht 2014 auf der Inn-Promenade von Kufstein in Tirol (Österreich). „Es ist sehr dunkel hier“, schreibt sie einem Studienkollegen per SMS und schickt zum Beleg ein Foto hinterher. Kurz vor Mitternacht hat sich die 20-Jährige noch auf den Weg gemacht, um zwei Freundinnen zu besuchen. Doch sie kommt nie an. Am nächsten Tag wird die Leiche der französischen Austauschstudentin von Polizisten am Ufer des Inns entdeckt. Todesursache seien heftige Schläge auf den Kopf, stellt der Gerichtsmediziner fest. Im Fluss finden Taucher später eine Eisenstange. Es ist die Tatwaffe.

 

Erschlagen mit einer Eisenstange

Auch im Fall der 27-jährigen Carolin G. aus Endingen (Kreis Emmendingen), die am 6. November 2016 beim Joggen überfallen, vergewaltigt und ermordet worden ist, gilt ein Selfie als letztes Lebenszeichen. Das sei schon ein bemerkenswerter Zufall, sagt der Freiburger Polizeisprecher Walter Roth. Denn der Mord in den Weinbergen des Kaiserstuhls und der seit drei Jahren ungeklärte Fall aus Österreich weisen auch sonst so viele Parallelen auf, dass die Ermittler beider Länder inzwischen davon ausgehen, dass sie „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ vom selben Mann begangen wurden: Beide Male waren junge Frauen die Opfer, beide Male waren Eisenstangen die Tatwaffe. Davon wird auch in Endingen ausgegangen, wenngleich das Werkzeug nicht gefunden wurde. Aus ermittlungstaktischen Gründen habe man die Information über die Todesursache bisher zurückgehalten, sagt der Polizeisprecher Roth.

Jüngste Erkenntnisse aus dem Labor belegen nun die Vermutung eines Zusammenhangs. Nach monatelanger Arbeit habe man zwar nur eine DNA-Teilspur sichern können, sagt Roth. Sie sei nicht geeignet, um sie über die europaweite Datenbank laufen zu lassen. Der direkte Vergleich mit der Täter-DNA aus Kufstein sei aber möglich gewesen. Demnach gebe es an der Übereinstimmung „keinen vernünftigen Zweifel“, sagt der Sprecher der Innsbrucker Staatsanwaltschaft, Hansjörg Mayr.

Arbeitet der Mörder als Fernfahrer?

Es handele sich um einen „mobilen, sehr gefährlichen Täter“, zitiert die „Tiroler Tageszeitung“ den Leiter des Tiroler Landeskriminalamts, Walter Pupp. Möglicherweise arbeite der Täter als Fernfahrer, heißt es in Ermittlerkreisen. Dafür spricht die im Inn gefundene Eisenstange. Sie kommt üblicherweise bei hydraulischen Hebesystemen zum Einsatz, bei Hubwagen oder beim Abkippen von Lkw-Führerkabinen.

In Endingen war kein Lastwagen in der Nähe Tatorts gesehen worden. „In den Weinbergen wäre das aufgefallen“, sagt Roth. Allerdings liegt die Autobahn 5 keine fünf Kilometer entfernt. Beide Taten geschahen sonntags, also zu Zeiten, in denen Lastwagenfahrer pausieren müssen.

Kein Zusammenhang mit der Freiburger Tat

Ein Zusammenhang mit dem im Oktober begangenen Sexualmord an einer 19-jährigen Studentin in Freiburg ist mit den neuen Erkenntnissen unwahrscheinlich geworden. Seit Anfang Dezember sitzt ein junger Flüchtling aus Afghanistan in Untersuchungshaft. Ein Vergleich der DNA-Teilspur mit der Freiburger Täter-DNA habe keine Übereinstimmung erbracht, sagt Roth. Die Hypothese, auch in Endingen könnte ein Flüchtling der Täter sein, hat die Polizei aber noch nicht ganz zu den Akten gelegt. Kufstein liegt auf der Balkanroute. „Wir suchen in den Unterkünften in Kufstein und rund um Endingen nach Doppelkontakten.“

Das Phantombild, das die österreichische Polizei kurz nach der Tat veröffentlichte, deutet allerdings nicht unbedingt in diese Richtung. Es zeigt einen Mann „mit eigenartigem Oberlippenbart“, wie es der Chefermittler Pupp anlässlich einer „Aktenzeichen XY“-Sendung ausdrückte. Die Freiburger Kollegen verzichten bei ihrer Fahndung auf eine erneute Veröffentlichung des Bildes. Es sei drei Jahre alt und habe keine heiße Spur erbracht.