Mancher glaubt ja, die Zukunftsvisionen von Gestern seien unlesbar angestaubt. Heyne aber legt klassische Romane des SF-Autors Robert A. Heinlein neu vor. „Die Tür in den Sommer“ macht noch immer Laune.

Stuttgart - Klassiker wandern in die Edelvitrine, der Ramsch in die Mülltonne, und die Bücher dazwischen schaffen es bestenfalls auf den Dachboden. So hart sind die Sitten in den feineren Gefilden der Literatur, und besonders ruppig ist man schon immer mit Science-Fiction umgegangen. Den Prestigesprung des Krimis hat sie nicht geschafft. Sieht man von den Büchern zu TV- und Kinoserien ab, ist SF keine Macht mehr am Buchmarkt.

 

Jenseits der Bestsellerregale aber tut sich was, melden sich auch die Klassiker zurück, meist dank E-Book. Heyne etwa legt die Werke des Amerikaners Robert A. Heinlein (1907–1988) wieder vor, eines Gründervaters der modernen SF. Der war vielseitig und sendungsbewusst, ein Visionär, Querulant, Liberaler, Reaktionär, Pragmatiker und Idealist auf einmal. Heinlein allerdings wird die Ehre angetan, dass einige seiner Bücher auch in gedruckter Form neu angeboten werden.

Wie man sein Leben ändert

Nun erscheint „Die Tür in den Sommer“, eines der meistgelobten Werke aus dem umfangreichen Schaffen Heinleins: Patentdiebstahls-Krimi, bizarre Liebesgeschichte und Zeitreisemärchen mit psychosozialem Abgrund. Heinlein droht: Wirkliche Chancen, unser Leben zu ändern, haben wir eben nur, wenn wir die Vergangenheit korrigieren können.

Die Geschichte eines Erfinders, der von Freund und Frau ausgebootet wird und sich rächen will, bot Heinlein 1956 viel Gelegenheit, sich kommende technische Neuerungen einfallen zu lassen. Haushalts- und Industrieroboter sowie das Verdrängtwerden menschlicher Arbeitskräfte aus einfachen Jobs durch solche Maschinen spielen hier eine wichtige Rolle.

Atomkrieg und Lolita-Probleme

Noch spannender ist für uns Heutige zu lesen, wie selbstverständlich Heinlein den Atomkrieg als unvermeidliche menschliche Erfahrung in seine fiktive Historie einbettet. Die USA haben den großen Schlagabtausch allerdings relativ heil überstanden: auch dank des großflächigen Einsatzes von Kälteschlaftechniken in Tiefbunkern.

Recht nassforsch geht Heinlein ein ganz heikles Thema an. Sein Held ist fasziniert von einer Zwölfjährigen. Hier wird der Altersunterschied aber durch Zeitreise und Kälteschlaf zur manipulierbaren Größe, Mann und junge Frau können sich bald auf Augenhöhe begegnen. Das ist Nonsens der faszinierenden Sorte, ein wilder Mix aus Pessimismus, Hemdsärmeligkeit und blinder Zuversicht, Pulp-Fiction und Sozialprognose. Also für Dachboden oder Ramsch viel zu schade.