Als Spieler war Markus Gaugisch schon mal deutscher Meister. Als Trainer der SG BBM Bietigheim kann er das Kunststück im aktiven Bereich wiederholen. Es ist nicht der einzige Grund, warum ihn die neue Aufgabe reizt.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Bietigheim-Bissingen - Vielleicht liegt es ja auch daran, dass Markus Gaugisch mit einer Handballerin verheiratet ist. Ehefrau Silke spielte früher in der zweiten Liga beim TV Nellingen. Und auch Tochter Ida setzt in der B-Jugend der TuS Metzingen zum Sprungwurf an. Der neue Trainer des Frauen-Handball-Bundesligisten SG BBM Bietigheim weiß also ganz genau, wie Handballerinnen ticken. Obwohl der 46-Jährige bisher nur Männerteams trainiert hat, von 2009 bis 2013 den TV Neuhausen, danach für zwei Jahre den HBW Balingen-Weilstetten. „Ich habe mich als Trainer der SG-Frauen noch in keiner Sekunde anders verhalten müssen, als früher“, stellt Gaugisch klar. Haben Männer nicht ein dickeres Fell? Steht für Frauen ein harmonisches Umfeld nicht über allem? Bringen sie nicht mehr private Probleme mit in die Halle? Liegen emotional nicht Welten zwischen den Geschlechtern? „Stammtischparolen“ nennt Gaugisch solche Fragestellungen und schiebt hinterher: „Dafür gibt es doch keinerlei wissenschaftliche Beweise.“

 

Er jedenfalls hat seit dem Trainingsauftakt am 1. Juli nur positive Erfahrungen gemacht: „Von der ersten bis zur letzten Trainingsminute herrscht absolute Professionalität. Ich würde sogar sagen, die Frauen sind bedingungsloser in ihrer Arbeit. Ich habe Männer erlebt, die nicht alles durchgezogen haben im Training.“ Seit Dezember 2015 war Gaugisch ohne professionellen Trainerjob, das eine oder andere Angebot wie zum Beispiel vom VfL Gummersbach hatte er ausgeschlagen, auch als deutscher Frauen-Nationaltrainer war der gebürtige Göppinger im Gespräch. Jetzt hat er zugeschlagen. „Mir ging es auch ohne Handball ganz gut, aber die Aufgabe in Bietigheim hat mich von Beginn an sehr gereizt, auch weil man aus jeder Veränderung etwas mitnehmen kann.“

Lehrer für Sport und Deutsch

Wobei so ganz ohne Handball war er gar nicht. Er bildete gemeinsam mit DHB-Sportvorstand Axel Kromer einen Teil des prominenten Trainerteams für die D-Jugend der SpVgg Mössingen. Dort spielten Gaugischs Filius Kalle und Kromers Söhne Julian und Janis. Zudem fungierte Gaugisch auf württembergischer Ebene als Coach des Jahrgangs 2005. Langeweile sieht anders aus. Zumal der Hauptberuf als Gymnasiallehrer für Deutsch und Sport am Dußlinger Karl-von-Frisch-Gymnasium hinzukommt. Künftig wird das Debutat deutlich reduziert. „Ich möchte nicht, dass irgendetwas auf der Strecke bleibt“, sagt Familienmensch Gaugisch, der in Nehren wohnt.

Die Saison wird stressig genug. Neben der Bundesliga stehen Aufgaben auf internationaler Bühne in der Champions League an – für Gaugisch ebenfalls reizvolles Neuland. Der Nachfolger von Martin Albertsen (zum Schweizer Handballverband) geht es mit einem runderneuerten Kader an. Er muss nicht nur den Verlust der aktuellen niederländischen Weltmeisterinnen Angela Malestein (FTC Budapest) und Laura van der Heijden (Siofok KC) sowie von Nationaltorhüterin Dinah Eckerle (ebenfalls Siofok KC/Ungarn) verkraften. Auch die Abgänge von Maura Visser (Karriereende), Daphne Gautschi (Metz HB), Maren Nyland Aardahl (SC Ramnicu Valcea/Rumänien) und Fie Woller (Bourg-de-Peage Drom) kommen hinzu.

Doch die SG BBM wäre nicht Branchenführer im deutschen Frauenhandball, wenn sie nicht adäquaten Ersatz an Land gezogen hätten: Norwegens Nationaltorhüterin Emily Stang Sando (ZRK Buducnost Podgorica/Montenegro), die deutschen Nationalspielerinnen Xenia Smits (Metz HB), Julia Maidhof (Bundesliga-Torschützenkönigin von der HSG Bensheim-Auerbach) und Nele Reimer (Neckarsulmer SU) sowie vor allem die dänischen Topspielerinnen Trine Östergaard und Stine Jörgensen (beide Odense Handbold) sind vielversprechende Zugänge.

Am 5. September geht’s in der Bundesliga los gegen die HSG Bad Wildungen. Eine Riesenchance für den Frauenhandball sei dieser frühe Saisonstart, meint Gaugisch: „Wir haben eine Monopolstellung, keine andere Profisportart darf so früh beginnen.“ Und mit welchem Ziel geht er die neue Aufgabe an? „Deutscher Meister zu werden ist natürlich immer ein Ziel“, sagt Gaugisch mit einem Schmunzeln. Was nicht alle wissen: Er war das schon einmal. Als Spieler. 1993 mit der A-Jugend des TSV Heiningen. Dies als Trainer im Aktivenbereich zu wiederholen – auch darin liegt der Reiz der neuen Aufgabe.

Deutscher Meister mit TSV Heiningen