Das Team von Store2be aus Karlsruhe passt in das Bild der Sharing Economy. Doch hinter dem Modell für die Kurzzeitvermittlung von Laden-Aktionsflächen steckt Marketingkalkül und der Wille, groß zu werden.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Karlsruhe - Klinkenputzen hieß das früher. Heute nennt man es wohl eher: Telefon-Wählknöpfe polieren. Wer bei dem jungen Viererteam von Store2be im Karlsruher Cyberlab in einer ehemaligen Brauerei vorbeikommt, der kann sich ziemlich sicher sein, dass gerade jemand am Hörer hängt, um neue Kontakte zu potenziellen Kunden zu knüpfen. Seit rund zwei Wochen ist das Team der Mitte zwanzigjährigen am Start mit einer Idee, die es selber als Teil der so genannten Sharing-Ökonomie bezeichnet, „Wir sehen zwei Trends: Einerseits merken wir, dass sich der Einzelhandel weiterentwickeln muss. Es geht zunehmend um Erlebnisse und weniger um die reine Bedarfsdeckung der Kunden. Gleichzeitig merken aber gerade Online-Player wie wichtig es ist, wenn sie ihren Kunden ein Offline-Erlebnis bieten“, sagt Marlon Braumann, der als Geschäftsführer für die betriebswirtschaftliche Seite des Projekt verantwortlich ist.“ Store2be will stationäre Einzelhändler mit Interessenten verbinden, die sich kurzfristig den Kunden real präsentieren möchten. Der Gedanke ist es, dass es dabei auch zu überraschenden Kombinationen kommt: In einem Karlsruher Laden für Papierbedarf (Bild) könnte sich beispielsweise eine Kaffeerösterei präsentieren. „Es geht darum, dass die Kundengruppen deckungsgleich sind, nicht die Angebote“, sagt Braumann.

 

Das Geschäftsmodell ist es, eine Provision für diese Vermittlungstätigkeit zu bekommen. Noch benötigt das Knüpfen der Kontakte zwischen Vermietern und Kurzzeitmietern viel persönlichen Einsatz. Irgendwann einmal, wenn das Angebot, das zunächst Deutschland und die deutschsprachigen Länder im Visier hat, groß genug ist, soll das Ganze automatisiert und damit dann höchst rentabel werden. Eine attraktiv gestaltete Webseite hat Store2be schon am Start: Eine Kacheloptik, einladende Innenaufnahmen und eine Google-Maps-Karte mit den Standorten soll schon mit wenigen Klicks die wichtigsten Informationen von den zur Verfügung stehenden Flächen, der Mietdauer bis hin zur Miethöhe vermitteln.

Sharing Economy klingt fast zu nett

Genau genommen steht hier also der Begriff „sharing economy“, der im deutschen Verständnis immer noch einen Hauch von sozial motiviertem Teilen vermittelt, für ein messerscharf kalkuliertes Geschäftsmodell: Ko-Marketing könnte man die Kurzzeit-Symbiose von verschiedenen Anbietern vielleicht besser nennen. Der Ladeneigentümer bekommt Mieteinnahmen – aber auch einen frischen Kundenmagneten. Der Kurzzeit-Mieter erhält, wenn er etwa seine Flächen inmitten eines vielfrequentierten Geschäfts nutzen kann, eine Präsentationsmöglichkeit in bester Lage. Der Erstkunde von Store2be demonstriert das schon fast perfekt: Für die Hamburger Mikrobrauerei Hopper Bräu konnte das Startup kurzzeitig eine Verkaufsfläche in einer Markthalle im Stadtteil Sankt Pauli vermitteln. Zwei kreative neue Biersorten kann er dort für einige Zeit präsentieren. Und der Hamburger Brauereigründer Lars Großkurth liefert gleich unten auf der Homepage das, was die jungen Karlsruher Gründer zum Start ganz besonders brauchen: Ein munteres YouTube-Testimonial für das Projekt.

Die nötigen Flächen sind klein: Das kann bei zwei Quadratmetern anfangen und reicht zurzeit etwa bis hin zur Größenordnung von 30 Quadratmetern. „Wir wollen gerade für junge Unternehmen, für die Ladenflächen in guter Lage oft kaum zu mieten sind, die Einstiegshürden senken“, sagt Braumann. Eine etwas härtere Nuss sind da schon die Inhaber der Ladenflächen selbst: Das sind oft deutlich größere Unternehmen mit anderen Strukturen und Entscheidungswegen.

Das Kapital von Store2be sind die Köpfe – und die Hartnäckigkeit

Die Technik ist selbst designt und wird stetig weiterentwickelt. Einen Investor gibt es nicht. Das Kapital sind die Kreativität und der Elan der vier Beteiligten – auch das ist typisch für junge Gründer. Ein Exist-Gründerstipendium für Startups aus dem Hochschulbereich und die kostenlos zur Verfügung stehende Infrastruktur im Cyberlab, Kaffee und Wasser inklusive, schaffen für die kommenden Monate den nötigen Freiraum. Die bisher fehlenden Referenzen muss man durch Engagement kompensieren. Um wirklich attraktiv zu sein, müssen deutschlandweit gute Lagen zur Verfügung stehen. Da heißt es mit Geduld und Spucke auch bei großen Ketten vorstellig zu werden – in der Hoffnung, dass man zum richtigen Ansprechpartner durchgestellt wird. „Als 26-Jähriger hat man es da nicht immer leicht im ersten Anlauf durchzukommen“, sagt Braumann. Sein Rezept: Hohe Hartnäckigkeit, gepaart mit Ehrlichkeit, die genau widerspiegelt, an welchen Punkt das junge Startup gerade ist. „Wenn gar nichts geht, kann man immer fragen, ob man vielleicht in drei Monaten noch einmal anrufen darf – und da sagt niemand nein“. Das sei nämlich einer der Vorteile einer jungen Gründung: „In drei Monaten tut sich enorm viel – sodass man dann auch wirklich Neues zu erzählen hat“, sagt Braumann. Es gilt erst mal ernst genommen zu werden, ein Aufwand, den erfahrene, ältere Gründer so oft nicht mehr zu betreiben haben. Dennoch will sich der Mitbegründer von Store2be nicht beklagen: „Die Bereitschaft mit jungen Gründern zusammenzuarbeiten, ist eindeutig größer geworden.“ Zufrieden ist er jedenfalls damit, dass es inzwischen einen Kontakt zum Handelsverband Deutschland (HDE) gibt. „Wenn wir die Möglichkeit bekommen, uns bei einer internen HDE-Veranstaltung zu präsentieren, wäre das natürlich für uns ein großes Ding.“ Einen Vorteil hatte allerdings die Gründung aus der Hochschule heraus: Für alle Beteiligten war im Studium Zeit für Ideen und erste Gründungsversuche. Insbesondere in Karlsruhe gibt es im Umfeld der Hochschule inzwischen eine gut vernetzte Gründerszene, in der sich auch Mitgründer für die eigenen Ideen finden lassen.

Ein ausführliches Porträt des Gründerteams von Store2be erscheint am 17. November in der Wirtschaftszeitung Baden-Württemberg der Stuttgarter Zeitung und der Stuttgarter Nachrichten.