Shell stellt die Ölsuche in der Arktis ein. Das bietet die Chance für einen rationaleren Umgang mit den Rohstoffen, kommentiert StZ-Korrespondent Gerd Braune.

Ottawa - Die Entscheidung von Shell, „auf absehbare Zeit“ aus der Öl- und Gassuche im Arktischen Ozean vor Alaska auszusteigen, ist ein Paukenschlag, der durch den ganzen Nordpolarraum hallt. Angeführt werden wirtschaftliche Gründe, die dürftigen Ergebnisse der Probebohrungen und die hohen Kosten, aber auch die Ungewissheit über künftige Umweltauflagen. Die Entscheidung reicht aber weit über Shell hinaus. In den vergangenen Monaten haben bereits andere Unternehmen kosten- und risikoreiche Unternehmungen im Arktisraum eingestellt oder deutlich reduziert. Dazu trägt sicher auch der Verfall des Ölpreises bei, der alle Berechnungen über künftige Profite über den Haufen wirft.

 

Wir stehen zudem kurz vor der Pariser Klimakonferenz, die den Kurs der künftigen Klimapolitik festlegen wird. Wenn es die Politiker von US-Präsident Obama über die chinesische Führung bis hin zur EU ernst meinen mit ihrem Ziel, den globalen Temperaturanstieg zu bremsen, dann passt die Ölförderung im Arktischen Ozean nicht ins Konzept. Hinzu kommen die Unfallrisiken. Die Katastrophe der Ölplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko im April 2010 und die Havarie des Öltankers Exxon Valdez werfen ein Schlaglicht auf die Risiken für die Umwelt.

Wirtschaftlich fragwürdig

Für die Unternehmen ist die Ölsuche im Eismeer aber nicht nur wirtschaftlich fragwürdig. Sie ist auch ihrem Ruf alles andere als förderlich. Die Entscheidung von Shell zeigt zudem die Irrationalität, mit der oft über den Rohstoffreichtum der Arktis gesprochen wird. Vermutete, unentdeckte Vorkommen werden behandelt, als seien sie bereits erkundete, leicht zugängliche Reservoirs. Das fördert die Mär vom ungebremsten Wettlauf in der Arktis und dem Kalten Krieg um Rohstoffe im Nordpolarraum.

Die Entscheidung von Shell bietet Anlass dafür, rationaler über die Rohstoffe der Arktis zu sprechen. Denn die Region bietet Bodenschätze jenseits von Öl und Gas, die die Industriestaaten brauchen und die behutsam gefördert werden können.