Sie tragen schwarze Hosen und weiße Hemden, stehen in Reih und Glied – und sind allesamt Männer. Ein Foto der neuen Führungsspitze einer Daimler-Tochter hat auf Twitter eine hitzige Debatte ausgelöst.

Stuttgart - Ein Foto der neuen Führungsspitze einer Daimler-Tochterfirma hat auf Twitter wütende Reaktionen ausgelöst. Darauf zu sehen sind die fünf Männer, welche die Geschicke des Rennmotoren-Herstellers mit Sitz in Großbritannien ab dem 1. Juli lenken werden. Schwarze Hose, weißes Hemd, alle stehen in Reih und Glied – so präsentieren sich Ronald Ballhaus, Adam Allsopp, Hywel Thomas, Richard Stevens und Pierre Godof auf dem Foto der offiziellen Pressemitteilung der Mercedes-AMG High Performance Powertrains. Von einer Frau in der Chefetage fehlt jede Spur – und genau das sorgt im Netz für dicke Luft. Sascha Pallenberg, Daimlers Mann gegen die Shitstorms, nimmt sich der Sache an.

 

Schwere Vorwürfe gegen Daimler-Tochter

Elena Pieper, ehemalige Sprecherin des SPD-Parteivorstands, bekommt bei dem Anblick der männerlastigen Führungsriege schlechte Laune.„Ich möchte gerne in einer Welt leben, in der Männer sich abgrundtief für solche Fotos schämen“, schreibt sie in einem Tweet zu dem Foto der Firma, die Motoren für die Formel 1 herstellt. Der Beitrag hat in dem Kurznachrichtendienst bislang knapp 9000 Gefällt-Mir-Angaben erhalten und ist von anderen Nutzern fast tausend Mal geteilt worden.

Die SPD-Frau trifft offensichtlich in der Netzgemeinde einen Nerv mit ihrer Kritik. Sascha Pallenberg, der öffentliche Prellbock des Stuttgarter Autobauers, steigt in die Debatte ein. Der ehemalige Technologie-Blogger, der heute in Daimlers Kommunikationsabteilung arbeitet, verteidigt seinen Arbeitgeber auf Twitter.

Was Pieper anprangert: Wie bei allen Dax-Konzernen sind Frauen in Führungspositionen auch bei Daimler immer noch recht selten. Das neue rein männliche Management-Team der Mercedes-AMG HPP drücke exemplarisch die Unterrepräsentation von Frauen in der Automobil-Branche aus, vor allem in Führungspositionen. Sie wünsche sich eine Kultur, „in der Männer sich über ihre Dominanz und ihre Privilegien bewusst sind und ganz konkret was daran ändern“, schildert die Medienfrau in ihren Ausführungen auf Twitter. Sie appelliert an die Männer, „den Platz frei zu machen für qualifizierte Frauen, ihren eigenen Sexismus zu hinterfragen und für eine Kultur zu arbeiten, die tatsächlich offen und divers ist“.

Daimler spricht sich für Diversität aus

Daimler will auf den konkreten Twitter-Disput, den das Foto ausgelöst hat, nicht eingehen. Der Autobauer betont aber auf Anfrage unserer Redaktion am Freitag: „Daimler hat sich als eines der ersten Unternehmen in Deutschland bereits im Jahr 2006 einen Zielkorridor gesetzt, um Frauen in Führungspositionen zu fördern“, wie Sprecherin Kathrin Schnurr sagt. Bis zum Ende des Jahres soll der Anteil von Frauen in leitenden Führungspositionen weltweit auf mindestens 20 Prozent steigen. Aktuell seien es knapp 19 Prozent.

Sascha Pallenberg, die Stimme des Daimler-Konzerns in den sozialen Medien, hat sich direkt in die Twitter-Debatte eingeklinkt und Piepers Sexismus-Vorwürfe zurückgewiesen. Sie habe mit ihrem Tweet „ganz klar einen Nerv getroffen“ und ein wichtiges Thema angesprochen, so seine Antwort. Doch Pallenberg beteuerte auch, dass sich Daimler stark für Diversität und Gleichberechtigung in seinen Unternehmen einsetze:

Der Social-Media-Stratege betont, dass der Stuttgarter Autobauer seit vielen Jahren versuche, „genau diese stereotypen Denkmuster aufzubrechen“. Der Konzern kämpfe mit zahlreichen Initiativen nicht nur für die Gleichstellung von Frauen und Männern, sondern auch gegen Diskriminierung jeglicher Art.

Dass Frauen in den Daimler-Unternehmen nach wie vor deutlich in der Unterzahl sind, bedaure er. Doch um Diversität besser umsetzen zu können, sei der Konzern auf die Unterstützung der Politik angewiesen. Pallenberg fordert Elena Pieper und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, der sich an der aktuellen Debatte indes bisher nicht beteiligt hat, daher auf, die Strukturen im deutschen Bildungssystem so zu verändern, dass bei Mädchen mehr Interesse für technische und naturwissenschaftliche Berufe geweckt wird.

Mangel an weiblichen Führungskräften kein Einzelfall

Die Spitzenpositionen vieler Firmen im Land sind sehr häufig noch reine Männerdomänen. Das wandelt sich nur langsam. In der obersten betrieblichen Führungsebene betrug der Frauenanteil im Jahr 2018 knapp 26 Prozent, wie aus einer kürzlich erschienenen Studie des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung hervorgeht.