Es wird sein bisher aufwendigstes Projekt: Mit zerriebenen Himalaya-Steinen will Shooting-Star Tim Bengel Kunst machen. Vorm Abflug nach Nepal war er Objekt einer Fotokunst-Serie.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Wenn’s läuft, dann läuft’s. Kürzlich lief Tim Bengel , der mit Videos seiner Kunstaktionen weltweit bisher 250 Millionen Klicks geholt hat, am Schlossplatz vorbei – da nahm eine asiatische Touristengruppe die Verfolgung auf. „Tim, Tim“, riefen die Japanerinnen verzückt. Für sie gab’s die heiß begehrten Selfies reichlich.

 

Der 26-Jährige ist mit Überraschungsmomenten in YouTube-Filmen also auch in Japan berühmt geworden. Die spektakuläre Enthüllung, wenn er ein mit Sand überhäuftes Werk abschüttelt und es dann völlig anders aussieht, ist Teil seiner „Kunschd“, wie er gern auf Schwäbisch schwätzt. Tim Bengel arbeitet mit einer klebrigen Unterfläche, auf die er mit dem Skalpell Sandkörner und Gold positioniert. Mit über einer halben Millionen Facebook- und Instagram-Followern gilt das „Sand Art Wunderkind“ (so nennt ihn www.artnet.com) als einer der weltweit bekanntesten deutschen Künstler seiner Generation.

Treffen mit dem Enkel des ersten Sherpas

Nächste Woche fliegt der smarte und eloquente Kosmopolit Bengel nach Nepal. Auf einer Höhe von 5000 Metern wird er Himalaya-Steine sammeln, um diese später zu zerreiben und als Sand für neue Kunstwerke zu verwenden.

Auch wenn der 26-Jährige kein Bergsteiger ist – ein Gipfelstürmer ist er trotzdem. Er scheint von einem Gipfel zum anderen zu springen. Auf dem Fernsehturm hat er kürzlich bei einer Vernissage ein 60 000 Euro teures Werk verkauft und stellte davor in New York aus, von einem bekannten Galeristen dazu eingeladen.

Print ist doch nicht bei den jungen Leuten out

Am Montag war der Shooting-Star des Kunstmarkes selbst Motiv für eine Fotokunstserie. In einer ehemaligen Zugwartungshalle, die in Esslingen unter Denkmalschutz steht, stand Bengel für etwa zwei Stunden Modell für Wilhelm Betz. Unter dem Titel „Junge Wilde“ arbeitet der Fotokünstler am dritten Teil seiner „Stuttgarter Charakterköpfe“. Das Buch soll 2019 erscheinen, erneut mit ganz besonderen Schwarz-weiß-Porträts.

Auch wenn Tim Bengel mit Filmen voll digital zum YouTube- und Instragram-Star der Kunst geworden ist, schätzt er die analogen Vorzüge. Als er kürzlich einen Online-Artikel über sich fand, wollte er wissen, ob der Text auch in Print erschienen sei. Ja, ist er! Der 26-Jährige freute sich, fuhr los, um sich das gedruckte Blatt zu besorgen. Print ist, wie schön, doch nicht bei den jungen Leuten out.