Vor der Bundesratsentscheidung über die Ausweitung der Drittstaaten-Regelung drängt Thomas Strobl Ministerpräsident Kretschmann zum Einschwenken auf CDU-Kurs.

Berlin - Die Ausweitung der Regelung über sichere Drittstaaten auf Asylbewerber aus den Ländern des Maghreb droht in der kommenden Woche im Bundesrat am Widerstand der grün mitregierten Bundesländer zu scheitern. Das führt bereits jetzt zu einer heftigen Konfrontation zwischen Union und Grünen auf Bundesebene. Dabei stellt die Union die Regierungsfähigkeit der Grünen im Bund in Frage.

 

„Kompromisse wird es angesichts der Sicherheitslage nicht geben“, sagte der Lörracher CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster, innenpolitischer Experte seiner Fraktion, unserer Zeitung. Die Grünen stimmten „seit Jahren im Bund gegen jedes sicherheitsrelevante Gesetz“, sagt er. Inzwischen würden solche innenpolitische Abstimmungen „auch zum Lackmustest für die Regierungsfähigkeit der Grünen im Bund“, sagte er in Blick auf Spekulationen über mögliche schwarz-grüne Koalitionen nach der nächsten Bundestagswahl. Sicherheit sei „für die Union in der aktuellen Lage nicht verhandelbar.“

Auch Stephan Mayer (CSU), der innenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, attackierte die Grünen scharf. Sollten sie im Bundesrat die Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Drittstaaten aufhalten, würde die Partei zeigen, was sie wirklich wolle, sagte Mayer. „Die Grünen wollen offenbar lange Asylverfahren und einen langen Aufenthalt für jeden, der nach Deutschland kommt, egal ob er Schutz verdient oder nicht“. Auch Mayer stellt die Regierungsfähigkeit der Grünen in Frage: „Regierungsfähigkeit stellt man nicht dadurch unter Beweis, dass man Dinge fordert, sich dann aber bei der Umsetzung sperrt“, sagte er unserer Zeitung.

Offener Konflikt in der Landesregierung

Nach Recherchen unserer Zeitung werden voraussichtlich Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, NRW, Rheinland-Pfalz und Thüringen dem Gesetz nicht zustimmen. Dies zählt in der Länderkammer wie ein Nein. „Ich werde im Bundesrat nicht zustimmen“, erklärt Robert Habeck (Grüne), der Umweltminister von Schleswig-Holstein: „Die sicheren Herkunftsländer werden gern hektisch aus dem Hut gezaubert, wenn eigentlich völlig andere Probleme zu lösen sind. Ein Herkunftsland wird doch nicht deshalb sicher, weil gerade viele Leute von dort kommen oder es Gewalt in der Silvesternacht gibt. Es ist richtig, innerhalb des Asylrechts zu schnelleren Verfahren zu kommen, aber dann nach einem vernünftigen, nachvollziehbaren System.“

Auch in der grün-schwarzen baden-württembergischen Landesregierung führt das Thema zu einem offenen Konflikt. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sei noch „in der Abwägung und Prüfung“, sagte ein Regierungssprecher. Er sehe die Regelung auch deshalb kritisch, weil Homosexualität in den Maghreb-Staaten strafbar ist. Das Zögern stößt bei CDU-Landeschef und Innenminister Thomas Strobl auf heftige Kritik: „Der Koalitionsvertrag ist kaum vier Wochen alt und die Tinte ist praktisch noch feucht - da gehe ich schon davon aus, dass alle vertragstreu sind und sich an den Koalitionsvertrag halten“, sagte er unserer Zeitung. „Grüne und CDU haben sich im Koalitionsvertrag klar vereinbart und alle wussten hoffentlich, was die Formulierung bedeutet.“ Aus den Maghreb-Staaten sei die Anerkennungsquote zum Teil niedriger als bei den Ländern auf dem Westbalkan. „Als diese Länder - mit Zustimmung von Herrn Kretschmann - sichere Herkunftsstaaten wurden, hat das dazu geführt, dass die Zahlen vom Westbalkan deutlich und nachhaltig zurückgegangen sind“, sagte Strobl.