„Tatort“-Star Richy Müller drehte am Dienstag auf dem neuen Verkehrsübungsplatz in Eglosheim seine Runden. Um Kinder vor Verkehrsgefahren zu schützen und fürs Radfahren fit zu machen, sind angesichts des zunehmenden Verkehrsaufkommens weitere solche Plätze nötig.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Kreis Ludwigsburg - Mein erstes Fahrzeug war ein Tretroller, den ein Lumpensammler auf der Ladefläche hatte“, erinnert sich der aus dem „Tatort“ bekannte Schauspieler Richy Müller. Fahrrad fahren lernte er auf dem viel zu großen Herrenrad seines Vaters: „Unter der Stange durch, mit Schlagseite. Wir waren ja Jungs. Da übt man nicht auf dem Damenrad.“ Das Rad öffnete Müller und seinen Mannheimer Kumpels den Weg in Welt: „Wir waren immer unterwegs, um Abenteuer zu erleben.“

 

Heutzutage ist es für manches Kind schon ein Abenteuer, unversehrt mit dem Rad ans Ziel zu kommen. Mädchen und Jungen leben im Straßenverkehr gefährlich: Im Einzugsbereich des Polizeipräsidiums Ludwigsburg gab es vergangenes Jahr 173 Unfälle, an denen Kinder beteiligt waren. 215 Kinder wurden leicht, 29 schwer verletzt. 99 der Unfälle hatten die Kinder selbst verursacht, 65-mal mit dem Rad.

In der vierten Klasse sollen Lehrer laut Bildungsplan mit ihren Schülern Radfahren üben und das Gelernte mit einer Fahrradprüfung abschließen. Polizei und Verkehrswacht helfen: Das Polizeipräsidium stellt dafür fünf Teams für den Kreis Ludwigsburg und vier für den Kreis Böblingen. Damit die Ausbildung in allen vierten Klassen klappt, muss mit den Schulen weit im Voraus geplant werden. Auch Eltern helfen, die Übungsstunden mit bis zu 30 unsicher radelnden Kindern gut über die Bühne zu bringen.

Die Ausbildung ist nicht nur eine personelle, sondern auch eine logistische Herausforderung. Die Verwaltungsvorschrift von Innen- und Kultusministerium schreibt vor, dass die Fahrradausbildung in geschützten Schonräumen stattfinden muss – zu üben im Echtverkehr kann schließlich böse Folgen haben. Gleichzeitig wurden die vorgeschriebenen Übungseinheiten von fünf auf vier zurückgeschraubt.

Die Polizei sucht händeringend nach weiteren passenden Plätzen

Nicht alle Städte und Gemeinden im Kreis haben aber eigene Verkehrsübungsplätze. Für die Lektionen müssen ganze Klassen im Bus zu Trainingsorten gekarrt werden. „Wir suchen immer händeringend nach geeigneten Plätzen. Dabei sind wir aber auf die Kommunen angewiesen“, sagt Marcello Battista, der Leiter des Referates Prävention im Polizeipräsidium. Manche Stadt oder Ortschaft verfüge schlicht über kein Areal mit den richtigen Ausmaßen.

Dass nun am Dienstag eine stationäre Jugendverkehrsschule auf dem Gelände der Eglosheimer Hirschbergschule eingeweiht wurde, betrifft Grundschulen in ganz Ludwigsburg und Umgebung. Auf dem Platz mit eingezeichneten Linien und mobil einsetzbaren Ampeln und Schildern werden künftig jährlich Kinder aus rund 80 Schulklassen aus dem kompletten Stadtgebiet und Nachbarkommunen üben, wie man richtig abbiegt, Vorfahrtsregeln beachtet oder Informationen auf Verkehrsschildern blitzschnell umsetzt. Mangels Alternative übten etliche Schulen das bisher auf möglichst ruhigen Straßen. „Das ist aber angesichts der zunehmenden Verkehrsmengen immer kritischer betrachtet worden“, erklärt Marcello Battista.

Porsche sorgt für Promi-Glanz und Ausrüstung

Weil die meisten Klassen nicht mit eigenen Rädern zur stationären Jugendverkehrsschule kommen können, hat Porsche für die Ludwigsburger Einrichtung 30 Räder, Zubehör und einen abschließbaren Container gestiftet und mit ihrem Marken-Botschafter, dem „Tatort“-Kommissar, der Übergabe Promi-Glanz verliehen.

Für Jutta Kuhn, die Vorsitzende der Kreisverkehrswacht Ludwigsburg, ist die Gabe des Autobauers elementar. „Hätten wir das selbst finanzieren müssen, hätte die Anschaffung unsere Kapazitäten gesprengt“, sagt sie. Ihr Verein stellt die Ausstattung für die Fahrradausbildung und bezahlt sie vornehmlich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Der Landkreis übernimmt die laufenden Betriebs- und Unterhaltungskosten und zahlt punktuell Zuschüsse. Für die Standorte in Ludwigsburg und Vaihingen sind das rund 12 000 Euro jährlich. Alle Mitarbeiter sind aber unentgeltlich im Einsatz – 2017 allein bei 186 Verkehrssicherheitsschulungen für Kleinkinder bis hin zur Generation Silber.

Um Kinder bestmöglich am Rad auszubilden, halten Verkehrswacht und Polizei weitere Übungsplätze für dringend erforderlich. Neben Ludwigsburg verfügen Vaihingen und seit Kurzem Oberstenfeld über solche Plätze. Weitere sind in Freiberg und Kornwestheim geplant. Mit Bietigheim-Bissingen und Remseck ist die Polizei in Gesprächen über mögliche Standorte.