Die Landesregierung legt einen Gesetzesentwurf zu „Bodycams“ vor – die Umsetzung wird aber dauern. Zunächst muss eine entsprechender Absatz im Polizeigesetz ergänzt werden. Der Datenschutzbeauftragte kritisiert die geplanten Tonaufnahmen.

Stuttgart - Vor allem in Alltagssituationen sollen die Schulterkameras künftig Gewalt gegen Polizisten verhindern und einen Beitrag zur Aufklärung von Straftaten bieten. „Häufig entsteht bei Standardaktionen – wie etwa Verkehrskontrollen – Aggressivität gegen Polizeibeamte“, sagte der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall (SPD) am Dienstag. Gemeinsam mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat er fünfeinhalb Wochen vor der Landtagswahl einen Gesetzesentwurf für den Einsatz von „Bodycams“ vorgestellt. „Die Umsetzung wird diese Landesregierung aber nicht mehr schaffen“, sagte Gall. Bevor Polizeibeamte in Stuttgart, Freiburg und Mannheim die Schulterkameras ein Jahr lang testen und anschließend die Maßnahme evaluiert werden soll, muss zunächst die nötige Rechtsgrundlage geschaffen werden und das Polizeigesetz um einen entsprechenden Absatz ergänzt werden.

 

„Durch Bodycams können gewalttätige Übergriffe auf Polizeibeamte reduziert werden“, sagte Gall. Dies habe man bereits in anderen Bundesländern feststellen können. Neben der Abschreckung soll mit den Videos Beweismaterial für die Aufklärung von Straftaten gewonnen werden. „Und wir könnten dadurch unbeteiligte Personen in der Umgebung schützen“, sagte Gall und spielte damit erneut auf die Vorfälle in der Silvesternacht an. Die Aufnahmen sollen maximal vier Wochen lang gespeichert werden dürfen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft hatte schon länger Bodycams zum Schutz der Beamten gefordert – nicht zuletzt aufgrund des Kostenfaktors, wenn Polizisten verletzungsbedingt ausfallen.

Datenschutzbeauftragter kritisiert geplante Tonaufnahmen

Bedenken gibt es aus datenschutzrechtlicher Sicht: Der Datenschutzbeauftragte des Landes Jörg Klingbeil kritisierte auf StZ-Anfrage, dass der Gesetzesentwurf Tonaufnahmen enthalte: „Um tätliche Angriffe zu verhindern, reichen Bildaufnahmen aus.“ Tonaufnahmen seien nur dann notwendig, wenn man etwa Beleidigungen gegen Polizisten feststellen wolle: „Da wäre man aber im Bereich der Bagatelldelikte“, urteilte Klingbeil.

Kritik gab es auch von der Opposition, die der Landesregierung vorwirft, zu zögerlich gewesen zu sein. Die FDP spricht von Aktionismus, weil keine Entscheidung mehr vor der Wahl zu erwarten ist. Der Innenpolitiker der CDU, Thomas Blenke, analysierte: „Die Zustimmung der Grünen hierzu hat Minister Gall nur erhalten, da klar ist, dass das Gesetz nur zustande kommt, wenn das Vorhaben in einem künftigen Koalitionsvertrag fortgeführt wird.“ Die Grünen hätten sich mit dieser Taktik aus der Verantwortung gestohlen.