Maischerze sind gelebtes Brauchtum. Gelegentlich aber ist das Tun von Witzbolden gar nicht mehr lustig – sondern eine Straftat. Die Polizei ist in der Nacht zum 1. Mai stärker präsent als sonst.

Strohgäu - Am Hanweiler Sattel bei Winnenden (Rems-Murr-Kreis) ist in der Nacht zum 1. Mai einiges los. Im Landkreis Ludwigsburg war es in der Walpurgisnacht in den vergangenen Jahren indes erstaunlich ruhig. Die Polizei ist dennoch mit mehr Beamten als sonst im Einsatz. Peter Widenhorn vom Ludwigsburger Präsidium erklärt dabei auch, was es mit Eiern an der Hauswand auf sich hat.
Herr Widenhorn, auf dem Brocken im Harz tanzen in der Walpurgisnacht die Hexen. Ist auch bei uns der Teufel los?
Das kann man so nicht sagen. Wir haben im vergangenen Jahr so gut wie keine erwähnenswerten Vorfälle gehabt, außer einigen Eierwürfen. Die sind aber immer wieder zu verzeichnen, nicht nur in der Nacht zum 1. Mai, sondern beispielsweise vermehrt auch an Halloween. Wo aber die Eierwerferei ihren Ursprung hat, kann ich Ihnen nicht sagen. Es gab jedenfalls keine gewalttätigen Auseinandersetzungen oder dergleichen bei uns im Kreis.
Gibt es Veranstaltungen, die Ihnen dennoch im Vorfeld Sorgen bereiten?
Wir wissen bis jetzt von keiner angekündigten Großveranstaltung, außer in der Rockfabrik hier in Ludwigsburg. Das machen die aber regelmäßig; wenn es Probleme gibt, rufen uns die Veranstalter. Wir müssen unser Augenmerk nicht speziell auf ein Ereignis richten.
Beobachtet die Polizei die sozialen Netzwerke, ob es Aufrufe gibt zu Treffen, die innerhalb kürzester Zeit eskalierten könnten?
Wir beobachten das. Im Moment aber gibt es keine Hinweise in diese Richtung.
Wenn jemand meint, sich in der Mainacht austoben zu müssen – was kann man noch unter „gelebtem Brauchtum“ verstehen?
Alles, was Schaden anrichtet, geht gar nicht. Wenn ein Gartentörle ausgehängt und beim Nachbar abgestellt wird, ist das sicher noch als Maischerz zu verbuchen.
Und was geht gar nicht?
Wenn das Gartentörle kaputt gemacht wird, ist das kein Spaß mehr, sondern Sachbeschädigung und damit eine Straftat.
Und was ist mit Eiern, die als Wurfgeschosse gegen Hauswände herhalten müssen?
Genau dasselbe. Es sind meistens Jugendliche, die in größeren Gruppen unterwegs sind und Eier an Hausfassaden werfen. Wenn das gleich bemerkt und mit dem Gartenschlauch abgespritzt wird, hält sich der Schaden ja in Grenzen. Wenn aber die Eierpampe an der Hauswand oder dem Mauerwerk festklebt, ist der Hausbesitzer geschädigt. Wenn er einen Reinigungsdienst holen oder frisch streichen lassen muss, hat er einen echten Schaden. Ein Eierwurf ist grundsätzlich kein Maischerz.
Und wenn Witzbolde meinen, sie müssten ein Auto mit Toilettenpapier einwickeln?
Dann sieht das vielleicht schön aus – auch für die Jugendlichen, die das machen. Es ist zwar für denjenigen, der auswickeln muss, mit Aufwand verbunden. Wenn aber kein Schaden entstanden ist, kann man durchaus ein Auge zudrücken.
Wird eigentlich hierzulande im Nachbardorf noch der Maibaum geklaut?
Bei Animositäten zwischen einzelnen Ortschaften gibt es ja den Brauch der Maibaumwache . . .
. . . bei der dann die Bierkiste in der Mitte häufig die Hauptrolle spielt.
Ganz genau. Im Ernst: uns ist keine derartige Auseinandersetzung in den vergangenen Jahren bekannt geworden.
Ist also der Kreis Ludwigsburg eine Insel der Seligen?
Das will ich damit nicht sagen. In der Mainacht des vergangenen Jahres aber war absolut nichts los – aus polizeilicher Sicht.
Die Polizei bereitet sich sicher auf diese Nacht vor. Wie denn?
Schabernack gibt’s immer. Und es gibt viele Leute, die bei uns anrufen, wenn Streiche gespielt werden. Wir müssen darauf achten, dass die Streiche nicht überzogen werden. Die Polizei verstärkt ihre Streifen in der Mainacht. Viele Polizeiposten schieben in dieser Nacht Sonderdienste, obwohl sie normalerweise nachts nicht besetzt sind.
Das heißt, es sind in der Walpurgisnacht hierzulande mehr Beamte auf Streife als in einer normalen Nacht.
Das ist natürlich so. Wir machen das auch, um Gruppen von Jugendlichen vorbeugend anzusprechen. Deshalb sind in der Mainacht auch die meisten Jugendbeamten auf der Straße. Sie sollen die jungen Leute zur Mäßigung anhalten.
Und Massenbesäufnisse verhindern?
Ganz genau. Und sie kontrollieren Jugendliche bei bestimmtem Verdacht und beschlagnahmen Eier, wenn sie welche in den Rucksäcken finden. Die Eier können dann am nächsten Morgen auf dem Revier wieder abgeholt werden.