Für mehr Sicherheit am Bahnübergang Hochdorfer Straße fordern Bürger einen Fußgängerüberweg. Falls dieser kommt, darf der Überweg 150 Meter weiter eventuell doch bleiben. Eine Richtlinie wird überarbeitet.

Hemmingen - Kommt der neue, muss der alte wohl weichen: Mit dieser Aussage war Hemmingen bislang konfrontiert, wenn es um den Wunsch der Gemeinde nach einem sicheren Überweg am Bahnübergang Hochdorfer Straße geht. Auf der Landesstraße gibt es nur rund 150 Meter entfernt vom Bahnübergang – zwischen der Pfarrgasse und der Neuapostolischen Kirche – bereits einen Zebrastreifen. Und dieser muss möglicherweise verschwinden, weil er dann zu nahe an jener neuen Ampel läge. Hintergrund ist eine Regelung, die auf den sogenannten Einführungserlass für die Anlage von Fußgängerüberwegen zurückgeht. Demnach müssen Ampeln und Zebrastreifen mindestens 200 Meter voneinander entfernt sein. Noch jedenfalls.

 

Bürgermeister freut sich über „positives Signal“

Denn wie eine Sprecherin des Verkehrsministeriums auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt, werde derzeit ein „neuer Planungsleitfaden für Zebrastreifen“ erarbeitet. Er soll die „Einrichtung von Zebrastreifen“ erleichtern. „Damit bekommen Städte und Gemeinden einen größeren Spielraum beim Anordnen von Zebrastreifen“, sagte die Sprecherin. „Unter bestimmten Bedingungen sollen Zebrastreifen auch in einer Distanz unter 200 Metern zu einer Ampel zulässig sein.“ Zum Beispiel dann, wenn „kein Fahrzeugrückstau von der Lichtsignalanlage die Sichtfelder auf den querenden Fußverkehr am Fußgängerüberweg einschränkt“, wie es auf Behördendeutsch heißt. Der neue Leitfaden soll im Frühjahr eingeführt werden.

Den Hemminger Bürgermeister freut es zu hören, dass der Zebrastreifen trotz eines möglichen zweiten Fußgängerüberwegs vielleicht doch erhalten bleiben kann. „Das Signal ist schon mal positiv. Das ist wunderbar“, sagt Thomas Schäfer, der sich mit allen Fraktionen im Gemeinderat für den Erhalt des Zebrastreifens einsetzt. Nun soll er mit dem Anliegen an das zuständige Landratsamt Ludwigsburg herantreten.

Im entsprechenden interfraktionellen Antrag heißt es zum Beispiel, der Überweg sei Teil des Schulwegs von Schülern aus dem Schlosspark, die die Strohgäubahn nutzen. Auch „viele weitere“ Bahnfahrer aus der Ortsmitte und dem Schlosspark nähmen den Zebrastreifen, ebenso Kirchgänger und Kleinkinder aus den Wettenwiesen. „Mit der Schließung würden wir unsere Anstrengungen, die Akzeptanz der Strohgäubahn weiter zu verbessern, konterkarieren.“

Petition wird derzeit geprüft

Thomas Schäfer will sich aber zunächst um den Bahnübergang kümmern. Er bevorzugt eine Ampel, und das unterstützen die Fraktionen ebenso. Seit mehr als einem Jahr kämpfen Bürger für mehr Sicherheit rund um den Bahnhof. Sie nennen die Verkehrssituation vor allem für die Kinder, die zur Grundschule gehen, „saugefährlich“. Die Mädchen und Jungen aus den nördlich gelegenen Wohngebieten müssen die „unübersichtliche“ Hochdorfer Straße queren – oder über den 150 Meter entfernten Zebrastreifen gehen. Für die Eltern ein Unding, auch der Umweg sei gefährlich. Und er verlängere den Schulweg um etwa 100 Meter. Das Landratsamt kenne das Problem, zwei Verkehrsschauen habe es bereits gegeben. Trotzdem sei die Behörde „untätig“. Aus Frust darüber hatten Bürger eine Petition mit 300 Unterschriften an Verkehrsminister Winfried Hermann geschickt. „Das Anliegen befindet sich in der Prüfung“, teilt die Sprecherin unserer Zeitung mit.

Die Hemminger müssen also Geduld zeigen und warten. Zumal das Landratsamt aufgrund der „unmittelbaren Nähe zum Bahnübergang“ eine Ampel für problematisch hält. „Fußgängeranlagen, die einen Einfluss auf den Bahnübergang haben, müssen in die Bahnüberwachung und Bahntechnik integriert werden“, sagt der Sprecher Andreas Fritz. Das sei teuer und führe zu einer Verlängerung der Sperrzeiten, um Stau der Autos auf dem Bahnübergang zu vermeiden. „Die Schranken werden länger geschlossen bleiben, was zu Behinderungen führen kann“, sagt Andreas Fritz. Ein Abrücken der Signalanlage vom Bahnübergang sei wegen der „mangelhaften Platzverhältnisse extrem schwierig“. Das Landratsamt prüfe momentan noch. Im Frühling finden außerdem Fahrzeug- und Fußgängerzählungen statt.

Im Einsatz für Überwege

Korntal-Münchingen
Im Stadtteil Münchingen wünschen sich Bürger am Bahnübergang Stuttgarter Straße eine Ampel. Doch die Verwaltung sagt Nein. Sie sieht in einem weiteren Überweg „keinen Mehrwert“, zumal eine Ampel mit 200 000 Euro teuer sei und ein Gutachten die Notwendigkeit nicht bestätigte.

Ditzingen
In der Marktstraße gilt Tempo 20 – dennoch fahren viele Autos schneller. Das ärgert einige Stadträte, laut Rathaus sind aber keine Überwege möglich. Querungen an einer definierten Stelle, die auch noch zwingend genutzt werden müssen, widersprächen dem Ziel eines verkehrsberuhigten Geschäftsbereichs, der die Straße ist: dass Bürger an jeder beliebigen Stelle die Straße queren können. Der Stadtteil Heimerdingen indes hat in der Hausgasse eine Ampel und einen Zebrastreifen in nur knapp 80 Metern Abstand. Grund: Beide Anlagen existieren „mindestens seit den 1990ern“, sagt der Sprecher Guido Braun. Sie genössen Bestandsschutz, da die aktuelle Richtlinie erst nach dem Errichten in Kraft getreten sei.