Der SPD-Innenminister Reinhold Gall will den Streifendienst verstärken und verjüngen. Der Opposition sind die Reformpläne zu vage.

Stuttgart - Baden-Württembergs Innenminister Reinholld Gall (SPD) hat am Donnerstag den Startschuss für die bereits im Sommer angekündigte Polizeireform gegeben. Bis zum Jahreswechsel wird eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Leitenden Kriminaldirektors Martin Schatz die Eckpunkte erarbeiten.

 

Der Innenminister geht davon aus, bis zum Herbst kommenden Jahres das Gesetzgebungsverfahren abschließen zu können. Die Umsetzung werde aber wohl die gesamte Legislaturperiode beanspruchen. Ziel der Reform sei es, mehr Polizisten in den Streifendienst zu bringen. "Wir brauchen mehr Präsenz in der Fläche", sagte der Innenminister.

Diese Forderung ist nicht ganz neu. Seit Jahren schon wird sie erhoben, weil mehr Polizisten auf den Straßen das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung, vor allem der älteren Menschen, positiv beeinflusst. Doch diesmal geht es um mehr. Nach den Worten von Landespolizeipräsident Wolf Hammann sieht sich die Polizei besonders an den Wochenenden und dann vor allem in der Nacht vor Probleme gestellt, die es vor einigen Jahren so nicht gab: Betrunkene randalieren vor Gaststätten und Discotheken, Jugendbanden knüppeln aufeinander ein.

Polizei muss Fachleute ausbilden

Wo früher die Besatzung eines Streifenwagens für Ruhe sorgte, sind heute mehrere Streifenwagen nötig, möglichst sollte noch ein Polizeihund dabei sein. Mitunter hilft nur noch die Bereitschaftspolizei. Die Gewaltneigung sei gestiegen, der Respekt vor der Polizei gesungen, sagte Hammann. Auch bereite die Eventkultur der Polizei große Probleme.

Zugleich hat die Polizei in den eigenen Reihen mit einem demografischen Problem zu kämpfen. Das Durchschnittsalter bei der Schutzpolizei liegt laut Hammann bei 42 Jahren, bei der Kripo bei 50 Jahren. "Unsere Klientel ist deutlich jünger", sagte Hammann. An eine Wiederbelebung der bei der vergangenen Reform aufgegebenen etwa 200 Polizeiposten sei nicht gedacht. Im Land gebe es derzeit 356 Polizeiposten. "Das ist bundesweit das engste Netz."

Die Polizeireform verfolgt indes noch ein zweites Ziel, das sich insofern mit dem ersten beißt, weil es ebenfalls mehr Personal erfordert. Die Polizei muss Schwerpunkte bilden und dafür Fachleute heranbilden - etwa für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität oder der Internetgauner. Der technische Aufwand wird immer größer.

"Es kommt alles auf den Prüfstand"

Die entscheidende Frage ist allerdings, wo Innenminister Gall die Effizienzreserven heben will, um das Personal zu gewinnen. Er könnte natürlich bei seinem Parteifreund und Finanzminister Nils Schmid zusätzliche Stellen beantragen. Doch Gall weiß: mehr Personal will eigentlich jeder Minister. Doch die grün-rote Koalition hat bereits beschlossen, auch im kommenden Jahr auf neue Schulden zu verzichten. Da ist es schwierig, dem Finanzminister zusätzliches Geld zu entwinden, zumal die Schwerpunkte der Koalition eher im Kultus- und im Umweltministerium liegen.

So wollte sich Gall in keiner Weise festlegen. Was verwunderte, als er im Sommer bereits einige Hinweise gegeben hatte. Dazu gehörten Überlegungen, Direktionen zusammenzulegen. Vor Ort löste dies umgehend vorsorglichen Protest aus. Gall sagte: "Es kommt alles auf den Prüfstand."

CDU-Fraktionschef Peter Hauk bezeichnete die Äußerungen Galls als viel zu vage. "Ich erwarte, dass ein Minister weiß, was er will, und das auch kundtut." Der CDU-Abgeordnete Thomas Blenke bestand darauf, die Polizei weiterhin auf Kreisebene zu organisieren. Die kleineren Polizeidirektionen müssten erhalten bleiben.