Kurz vor dem Stadtfest Schowo wird eine 13-Jährige belästigt. Die Polizei schlägt Alarm: Straftaten im öffentlichen Raum hätten massiv zugenommen. Im Zentrum vieler Delikte sehen die Ermittler zwei lose organisierte Jugendbanden.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Schorndorf - Die Polizei geht in Schorndorf gezielt gegen Kriminalität im öffentlichem Raum vor. „Seit Montag sind wir verstärkt am Bahnhof und in der Innenstadt unterwegs“, so der Polizeisprecher Ronald Krötz. Auch die Bereitschaftspolizei aus Göppingen sei an den Streifengängen und Personenkontrollen beteiligt.

 

Am Mittwoch ist in einer Unterführung am Bahnhof dennoch eine 13-Jährige von einer Gruppe Unbekannter sexuell belästigt worden. Gegen 18.45 Uhr war das Mädchen von fünf bis sechs etwa 16-Jährigen umringt und am Gesäß berührt worden – dann gelang ihm die Flucht. Die Täter werden beschrieben als arabisch aussehend, einer von ihnen als dunkelhäutig mit kurzen, abstehenden Rastalocken. „Die Schilderungen des Mädchens sind absolut glaubwürdig“, so Krötz.

Zwei Jugendgruppen konkurrieren in Schorndorf miteinander

Aus der Sicht des Polizeipräsidiums Aalen reiht sich der Vorfall ein in eine ganze Reihe von Delikten. „Die Kriminalität im öffentlichen Raum ist in Schorndorf auf einem Fünf-Jahres-Hoch“, sagt der Polizeisprecher. Die Fälle von Drogenhandel in Schorndorf hätten sich binnen eines Jahres fast verdoppelt Außerdem hätten Aggressionsdelikte im öffentlichen Raum um rund 20 Prozent zugenommen. Verantwortlich für viele dieser Straftaten halten die Ermittler zwei rivalisierende, locker organisierte Gruppen – jene, deren Mitglieder sich im Juni eine Schlägerei geliefert hatten. Zwei junge Männer wurden durch Reizgas verletzt.

Nun heißt es aus dem Polizeipräsidium, hinter dem Streit stecke mehr als ein bloßer Streit zwischen ein paar Jugendlichen: Während die eine Bande aus Deutschen und jungen Leuten mit unterschiedlichem Migrationshintergrund bestehe und schon länger aktiv sei, sei die zweite vor etwa einem Jahr aufgetaucht und vor allem aus jungen Syrern und Afghanen zusammengesetzt. „Wir müssen davon ausgehen, dass in den Gruppen auch Leute dabei sind, die uns schon auf der Schowo 2017 das Leben schwer gemacht haben“, sagt Krötz.

Seit der Schowo 2017 ist das Thema Sicherheit im Brennpunkt des Interesses

Das Thema ist in Schorndorf heikel: Vor fast genau einem Jahr war es auf dem Stadtfest Schowo zu Ausschreitungen und sexuellen Belästigungen gekommen. Eine missverständliche Pressemitteilung der Polizei hatte zur international verbreiteten Falschmeldung geführt, 1000 Jugendliche hätten in Schorndorf randaliert – und im Nachgang auch zu dem Vorwurf, die Polizei hätte die Vorfälle übertrieben. Auf einer Pressekonferenz nach der Schowo hatten der Schorndorfer OB Matthias Klopfer und der Polizeipräsident Roland Eisele die Vorfälle unterschiedlich bewertet. Auch nach dem Reizgasangriff vor einem Monat hatte Klopfer gesagt, Schorndorf habe „kein Sicherheitsproblem“.

Das sagt der Erste Bürgermeister zur Sicherheitslage in Schorndorf:

Klopfers Stellvertreter Edgar Hemmerich bleibt bei dieser Aussage – räumt jedoch ein, dass der Anstieg der Straftaten im öffentlichen Bereich in Gemeinderat und Rathaus ein Thema sei. „Wir haben aber aus der Schowo 2017 gelernt. Polizei und Stadt sind seit Monaten in ständiger Abstimmung“, betont er. Auch der städtische Vollzugs- und ein privater Sicherheitsdienst seien dabei eingebunden, an „Angsträumen“ Präsenz zu zeigen. „Mit Blick auf die Schowo machen wir auch potenziellen Tätern klar, dass wir sie im Blick haben“, sagt Hemmerich. Er bedauert, dass die Belästigung der 13-Jährigen dennoch nicht verhindert werden konnte – „wir können leider nicht immer überall sein“, sagt er.

Mit dem Blick auf das bevorstehende Stadtfest steht die Schorndorfer Sicherheitslage im Brennpunkt öffentlichen Interesses. Am Dienstag wollen Verwaltung und Polizei ihr gemeinsames Schowo-Sicherheitskonzept ausführlich vorstellen.