Siemens-Personalchefin Janina Kugel galt bei ihrem Antritt 2o15 als Hoffnungsträgerin. Nun verlässt sie Ende Januar das Münchner Unternehmen.

München - Als die gebürtige Stuttgarterin Janina Kugel 2015 in den von jeher männlich dominierten Vorstand des Münchner Siemens-Konzerns berufen wurde, galt sie als Hoffnungsträgerin. In den Folgejahren konnte die Siemens-Personalchefin das durchaus bestätigen. Massiven Konzernumbau und herbe Jobverluste in Krisensparten wie dem Kraftwerksgeschäft hat sie so leise wie nur möglich gemanagt. Dennoch sind ihre Tage bei Siemens nun gezählt. Kugels Vertrag laufe zum 31. Januar 2020 in gegenseitigem Einvernehmen aus, teilte Siemens nun nach einer Sitzung des Aufsichtsrats mit. Dann wäre die US-Amerikanerin Lisa Davis die einzige Frau im Siemens-Vorstand, aber auch das möglicherweise nicht mehr lange. Denn mit dem beschlossenen Börsengang der von ihr verantworteten Kraftwerkssparte ist auch die Zukunft von Davis ungewiss.

 

Frauen haben es in der Siemens-Spitze nicht leicht, obwohl die Zusammensetzung speziell des Vorstands immer wieder einmal als zu weiß, deutsch und männlich kritisiert wird. Gerade erst ist die 47-jährige Mariel von Schumann als Stabschefin des Vorstandsvorsitzenden Joe Kaeser gegangen. Sie galt einmal als Kandidatin für den Vorstand. Kugel-Vorgängerin Brigitte Ederer musste nach einem verlorenen Machtkampf den Hut nehmen. Sie hatte sich mit der bei Siemens traditionell mächtigen IG Metall angelegt. Mit der konnte Kugel gut. Ihr Schicksal im Traditionskonzern wurde dem Vernehmen nach eher durch das Verhältnis zu Konzernchef Joe Kaeser und anderen – männlichen – Vorstandskollegen besiegelt.

Die Personalchefin wird mit warmen Worten verabschiedet

Sie wird mit warmen Worten verabschiedet. Kugel habe als leidenschaftliche Streiterin für mehr Diversität, lebenslanges Lernen und eine moderne Unternehmenskultur wegweisende Arbeit im Personalressort geleistet, würdigte Siemens-Aufsichtsratschef Jim Hagemann Snabe das Wirken der 49-jährigen, die an den Universitäten Mainz und Verona Volkswirtschaft studiert hat.

Man darf Kugel als selbstbewusste Vertreterin eines modernen Managerinnentyps verstehen. Das hat sich bei öffentlichen Auftritten immer wieder gezeigt. Problematisch wurde das bisweilen, wenn Kaeser neben ihr gesessen ist.

Wer mit dem Siemens-Boss zusammen auftritt, hat in der Regel nicht viel Redezeit. Raum für eine eigene Meinung oder gar Widerspruch ist da noch weniger. Kaeser gilt als ausgesprochenes Alpha-Tier. Auch männliche Vorstände haben das in den letzten Jahren zu spüren bekommen und mussten gehen. Schwierig soll das Verhältnis von Kugel aber zuletzt immer mehr auch zu anderen Vorstandskollegen gewesen sein. Wenn sich Wege trennen und es menschlich nicht mehr passt, hat das oft nicht nur mit dem Verhalten einer einzelnen Person zu tun, wobei Topmanager oft ohnehin recht spezielle Charaktere sind.

Die gebürtige Stuttgarterin musste schon im Kindergartenalter Robustheit lernen

Wirklich unglücklich soll Kugel mit ihrem Ausscheiden dem Vernehmen nach jedenfalls nicht sein. „Ich bin nicht zart besaitet“, sagt die Managerin über sich selbst. Robustheit hat die bisweilen als Popstar von Siemens titulierte Managerin schon im Kindergartenalter lernen müssen, als sie im Schwäbischen von anderen Kindern als „Negerlein“ verhöhnt worden ist. Mit ihr verliert Siemens auf alle Fälle mehr als eine bloße Vorzeigefrau. Die Mutter von Zwillingen hat sich mit ihrer Art und ihren Erfolgen in schwierigen Zeiten auch über Siemens hinaus nicht nur in Industriekreisen eine gewisse Prominenz erarbeitet. Die wortgewandte Managerin, die insgesamt seit 17 Jahren bei Siemens arbeitet, ist in den letzten Jahren zu so etwas wie dem weiblichen Gesicht des Konzerns geworden. Sie steht auch für ein offeneres und weniger hierarchisches Managen.

Deshalb sagt ihr Abgang auch etwas über die Managementkultur bei den Münchnern aus. Eine andere Frage ist, wie viele Vorstände Siemens in Zukunft überhaupt noch benötigt. Denn der Konzern ist nach dem von Kaeser verordneten Radikalumbau stramm in Richtung Holding unterwegs. Immer mehr Konzernteile werden separat an die Börse gebracht. Die Medizintechnik und das Geschäft mit der Windkraft ist schon dort. Bei der Kraftwerkssparte ist es geplant, bei der Bahntechnik nach gescheiterter Fusion mit der französischen Alstom wohl nur noch eine Frage der Zeit. Das macht einen Siemens-Zentralvorstand alten Zuschnitts in weiten Teilen überflüssig. Speziell für einen Personalvorstand bedeutet das eine immer kleiner werdende Basis.

Auch die ganz große Frage muss in absehbarer Zeit geklärt werden. Das ist die Nachfolge Kaesers, dessen Vertrag noch bis Januar 2021 läuft. Als möglich gilt hier vieles, unter anderem dass Kaeser verlängert, oder aber dass er in die Politik wechselt. Wer seine Tweets liest, kennt Kaeser als enorm politischen Manager. Bis Herbst soll darüber Klarheit herrschen.