Die Fläche vor dem Arbeitsgericht im Stuttgarter Westen wird nach dem Philosophen benannt, der aus Afrika stammte. Ein Kunstgriff der Stadtverwaltung macht es möglich, dass der Aufwand klein bleibt.

Der Platz vor dem Arbeitsgericht im Stuttgarter Westen, der von den Menschen bisher Lerchenplätzle genannt wird, soll nun doch zum Anton-Wilhelm-Amo-Platz werden. Das hat die Stadtverwaltung auf Vorschlag des Bezirksbeirates hin am Mittwoch dem städtischen Verwaltungsausschuss unterbreitet – und das Gremium stimmte zu. Mit dem Platz an der Ecke Lerchenstraße und Johannesstraße will man ein Zeichen setzen gegen Rassismus.

 

Amo war ein afrikanischer Philosoph und Aufklärer und gilt als Vordenker des Antirassismus. Geboren wurde er vermutlich 1703 im heutigen Ghana, wo er auch starb. Dazwischen hat er teilweise Schlimmes durchgemacht: Aus einer Metropole des Sklavenhandels in Westafrika wurde er als kleines Kind nach Amsterdam gebracht und von dieser Stadt dem Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel geschenkt. Damals sei es in Herrscherhäusern üblich gewesen, dass schwarze Haussklaven Speisen auftrugen, schreibt die Stuttgarter Stadtverwaltung in der Begründung für die Benennung. Die Haussklaven seien oft als Unzivilisierte ohne Vernunftbegabung angesehen worden. Der Herzog habe wohl ein Experiment machen wollen und Amo Zugang zu Bildung verschafft. Er wurde der vermutlich erste afro-deutsche Akademiker und Privatdozent in Halle, Jena und Wittenberg. Um 1747 herum kehrte er nach Afrika zurück.

Lob für einen Kunstgriff

Die SPD und die Linke lobten die Reaktion der Verwaltung auf die Anregung des Bezirksbeirates. Die hatte im Mai eine Kontroverse ausgelöst, weil man dachte, das Arbeitsgericht würde die Adresse ändern müssen. Der Aufwand sei enorm, warnte eine Gerichtssprecherin. Nicht nur im Briefkopf, auch in vielen behördlichen Verzeichnissen und in Dokumenten wären Änderungen fällig. Die Stadtverwaltung bereitete dann eine Art Kunstgriff vor: Ein schmaler Geländestreifen vor dem Arbeitsgericht soll nun Teil der Johannesstraße bleiben, die Adressenänderung damit vermieden werden.

Der Erste Bürgermeister Fabian Mayer (CDU) sagte unserer Zeitung, die Verwaltung hätte im Sinne von Klarheit und Eindeutigkeit im Stadtplan die Ehrung nach wie vor lieber gern an anderer Stelle im Stuttgarter Westen vollzogen. „Allerdings haben wir den starken politischen Willens des Bezirksbeirats wahrgenommen, die Ehrung an genau dieser Stelle zu realisieren.“ Daher habe die Verwaltung ihre Bedenken zurückgestellt und sich dazu entschlossen, den Weg für die Namensgebung freizumachen. Das Arbeitsgericht könne jetzt seine Adresse grundsätzlich behalten. Voraussichtlich brauche es nun aber die Zusatzbeschilderung „zu Johannesstr. 86“.

Die Ehrung von Amo zählt zurzeit übrigens zu einigen wenigen Ausnahmen, denn eigentlich sollen erst einmal alle Stuttgarter Straßennamen durch Experten der Erinnerungskultur auf Unbedenklichkeit überprüft werden.