Menschen, die anderen ihre Zeit schenken, gebührt ein Dankeschön. Wie Edda Volz vom Besuchsdienst.

Sillenbuch - Andere Menschen in ihrem Alter schauen sich die entlegensten Ecken der Welt an, besuchen ihre Enkel oder legen zu Hause gemütlich die Füße hoch. Edda Volz dagegen war immer klar: „Im Ruhestand daheim herumzusitzen oder nur zu reisen, ist nichts für mich.“

 

Diesen Gedanken hatte die inzwischen 72-Jährige, die locker als zehn Jahre jünger durchgehen könnte, als sie allmählich ans Ende ihres Berufslebens kam. Lange Zeit war sie Lehrerin an der heutigen Grund- und Werkrealschule in Heumaden. Mit dem Ende ihres Engagements im Job wollte Edda Volz eine neue Tätigkeit beginnen. Und zwar in einem Ehrenamt.

Nun wäre Edda Volz nicht Edda Volz, wenn sie diesen Plan nicht systematisch in die Tat umgesetzt hätte. Nicht irgendwas sollte es sein, so wie etwa alten Menschen gelegentlich vorzulesen. „Das war mir zu wenig, das kann ich auch noch mit 80 machen“, sagt die Sillenbucherin und lacht.

Unterstützung von der christlichen Samariterstiftung

Bei einem Gottesdienst schließlich kam ihr die Idee, die nicht nur ihr eigenes, sondern das Leben vieler Menschen im Stadtbezirk verändert hat. Zusammen mit dem damaligen Leiter der Diakoniestation in Sillenbuch, Andreas Schlegel, beschloss Edda Volz, einen Besuchsdienst ins Leben zu rufen. Der sollte für Pflegebedürftige da sein, vor allem aber deren Angehörige entlasten. „Unser Ziel war, dass die Angehörigen mal zwei Stunden zum Friseur gehen können, ohne dass sie sich um die Lieben zu Hause sorgen müssen“, sagt Volz.

Unterstützung bekam die Rentnerin von der christlichen Samariterstiftung in Nürtingen. Vor gut neun Jahren dann nahm der Besuchsdienst seine Arbeit auf. Und zwar unter dem Namen Pane. Das steht nicht nur als Kürzel für „Pflegende Angehörige entlasten“, sondern ist auch das italienische Wort für Brot. Genau das, nämlich eine Art Brot für die Seele, sollen die regelmäßigen Besuche sein. „Wir schenken das, was für uns alle am wertvollsten ist: unsere Zeit“, sagt Volz.

Schon von Beginn an hat Edda Volz als Leiterin den Einsatz der Ehrenamtler koordiniert. 94 Menschen hat sie im Laufe der Jahre zu wöchentlichen Besuchen in Sillenbuch und Riedenberg eingeteilt, darüber hat sie genau Buch geführt, ebenso über die Einsatzzeiten. Sie hat sich Gedanken darüber gemacht, wer zu wem passen könnte, wo die gemeinsam verbrachte Zeit eine gute ist. Denn der Besuchsdienst ist nicht auf Kurzfristigkeit angelegt, das ist ihr wichtig. „Da entstehen emotionale Bindungen. Manchmal dauern sie bis zum Tod des zu Besuchenden“, erzählt sie.

„Ich bin zufrieden mit dem, was entstanden ist“

Fast immer hat es gut gepasst. „Ich hab‘ mir angewöhnt, eine Nacht darüber zu schlafen, bevor ich die Konstellationen vorschlage“, sagt sie. Unvorbereitet würde sie jedenfalls niemanden zusammenbringen, den Erstbesuch übernimmt Edda Volz nach all den Jahren immer noch selbst.

Darüber, dass die Ehrenamtler bei allem Engagement auch auf sich selbst achten, wacht sie freilich mindestens ebenso sorgsam wie über die Klienten. Sie selbst hat das erst lernen müssen. Früher habe sie nach dem Urlaub immer sofort den Anrufbeantworter abgehört, alles versucht, um auch kurzfristige Besuche zu ermöglichen. „Heute reicht es mir auch noch am nächsten Tag“, sagt sie und lächelt.

Wie viel Zeit sie in den Besuchsdienst steckt, weiß die gebürtige Saarländerin und Mutter eines erwachsenen Sohnes nicht. „Ich zähle die Stunden nicht, es ist gute Zeit. Ich bin zufrieden mit dem, was entstanden ist“, sagt sie. Für ihre weiteren Hobbys, das Reisen und das Engagement in der evangelischen Kirchengemeinde, hat sie jedenfalls noch genug Luft. Und eines hat Edda Volz über die Jahre nie verloren: den Glauben daran, dass das, was sie ehrenamtlich tut, nicht nur für andere, sondern auch für sie selbst gut ist. „Wir können von jedem Menschen, den wir besuchen, etwas lernen. Und das Gefühl, gebraucht zu werden, ist einfach schön .“