Das Internet hat die Jagd auf den Großwildjäger eröffnet. Die Website des Zahnarztes ist mittlerweile aus dem Netz genommen worden. Weltweit protestieren Tierschützer gegen die Jagd auf Großwild.

Stuttgart - So schnell kann ein Jäger zum Gejagten werden. Anfang des Monats pirschte der US-Zahnarzt Walter James Palmer noch mit Pfeil und Bogen durch den simbabwischen Busch, um einen Löwen zu erlegen. Mit einiger Anstrengung war er erfolgreich: Nachdem er Cecil, die prächtigste Katze des Staats im Süden Afrikas, mit einem Pfeil erst einmal verwundet hatte, erlegte er sie nach 40-stündiger Verfolgung mit einem Schuss aus dem Gewehr.

 

30 Tage später ist der notorische Großwildjäger schließlich selbst zum Opfer geworden. Über den 55-jährigen Zahnarzt ist ein weltweiter Sturm der Entrüstung herein gebrochen. Seine Facebook-Seite musste vom Internet genommen werden, nachdem sie mit Kommentaren wie „Mörder“ oder „Ab in den Löwenkäfig“ überflutet wurde. Unterdessen wird Palmers Praxis in Minnesota von Naturschützern belagert, die den Kopf, die Freiheit oder zumindest den wirtschaftlichen Ruin des Großverdieners fordern.

Palmer zahlte 54 000 Dollar für Cecils Kopf an Simbabwe

Muss einem Walter J. Palmer Leid tun? Mit Sicherheit nicht. Falls die Berichte aus dem simbabwischen Hwange-Nationalpark richtig sind, hat Palmer die stets so großgeschriebene Großwildjäger-Ehre mit Füßen getreten, indem er den 13-jährigen Cecil erst einmal mit seinem simbabwischen Helfershelfer und einem Köder aus dem Park gelockt hat. In dem Schutzgebiet selbst hätte er den König der Tiere nämlich niemals ins Visier nehmen dürfen. Cecil war außerdem mit einem Sender ausgestattet und auch insofern als Jagdwild eigentlich tabu: Zwei Umstände, die Palmer bereits hinter Gittern bringen sollten.

Trotzdem wird der passionierte Jäger, der anscheinend schon als Fünfjähriger mit Papa auf die Pirsch ging und bereits Bären, Bisons, Elche und Leoparden auf seiner Abschussliste hat, nicht nur von Seinesgleichen in Schutz genommen. Die Großwildjägerei sei ein Sport, der außer den Schützen auch der angegriffenen Natur zu Gute komme, sagen manche Naturschützer und viele Minister im südlichen Afrika. Ohne die erheblichen Summen, die vor allem aus den reichen Industrienationen anreisende Jäger für ihre Trophäen in den wildreichen aber mittellosen afrikanischen Staaten ließen, bräche der Naturschutz dort vollends zusammen. Palmer zahlte für Cecils Kopf immerhin 54 000 US-Dollar an den simbabwischen Staat – für noch seltenere Tierarten wie ein schwarzes Nashorn werden bis zu 350 000 Dollar berechnet.

Population der Löwen geht drastisch zurück

Das Argument der jägerfreundlichen Lobby ist umstritten. „Ist es so schwierig für dich, eine Erektion zu bekommen, dass Du dafür töten musst?“, fragte die Petitionswebsite change.com den Zahnarzt provozierend. Noch schwerer wiegt, dass die Statistiken den Zusammenhang von Schutz und Abschussquote nicht unterstützen. Nach Angaben der britischen Organisation „Lion Aid“ wurden in Simbabwe in den ersten zehn Jahren dieses Jahrtausends 800 Löwen abgeknallt – und das bei einer Population von lediglich 1680 Exemplaren. Wenn das so weiter gehe, gebe es hier bis 2050 keinen einzigen König der Tiere mehr, warnt Johnny Rodrigues von Simbabwes Conservation Task Force.

Auch in Tansania, wo fast 50 Prozent aller wilden afrikanischen Löwen leben, geht die Zahl der Großkatzen drastisch zurück. Generell soll die Zahl der Löwen auf dem Kontinent in den vergangenen 35 Jahren um weit mehr als die Hälfte von rund 80 000 auf unter 30 000 gefallen sein. Verantwortliche Naturschützer wissen, dass wilde Tiere nur dann eine Chance haben, wenn sie für die Menschen in ihrer Umgebung mehr Wert lebend als tot darstellen. Höchste Zeit also, dass die Menschheit die Wärter ihrer wilden Vettern fürs Lebenlassen und nicht fürs Töten bezahlt.