Mit 24 Jahren ist Johanna Forster nicht nur die jüngste Kreisrätin. Sie sitzt auch im Gemeinderat ihrer Heimatstadt und mischt in der Jungen Union mit. Auch in anderen Gemeinderäten im Kreis tummeln sich junge Leute.

Sindelfingen - Noch hält sie sich zurück mit öffentlichen Statements in den Gremien, hört lieber zu, wenn die Kollegen debattieren. „Ich sehe mich vor allem als Lernende, versuche mich in die Themen einzuarbeiten“, sagt Johanna Forster. Ihr gelang bei der Kommunalwahl im vergangenen Mai der Sprung nicht nur in den Sindelfinger Gemeinderat, sondern auch in den Kreistag. „Damit hatte ich nicht gerechnet“, gibt sie ehrlicherweise zu. „Ich hatte gehofft, Stadträtin zu werden. Vom Ergebnis für den Kreistag war ich selbst überrascht.“ Eine Erklärung für ihren Wahlerfolg hat sie nicht. „Ich komme nicht aus einer bekannten Sindelfinger Familie oder so.“ Allerdings sei sie schon seit fast acht Jahren Mitglied bei den Christdemokraten.

 

Über die Schule ist Johanna Forster zur Politik gekommen. „Mit 16 Jahren habe ich mit zwei Freundinnen ein Referat über die Jugendorganisationen der Parteien in Sindelfingen gemacht“, erzählt sie. „Die Vertreter der Jungen Union haben mich am meisten überzeugt. Deshalb wurde ich dann Mitglied.“ Mit 24 Jahren ist sie die mit Abstand jüngste Rätin im Kreisparlament und zweitjüngste im Sindelfinger Gremium. Damit nicht genug: sie ist auch stellvertretende Chefin im Stadtverband der CDU sowie bei der Jungen Union im Kreis.

15 Stunden pro Woche fü die Politik

Zeitaufwendig sei dieses Engagement, sagt die Masterstudentin des Studiengangs International Economics. 15 Stunden im Schnitt investiere sie in die Politik. „Es sind nicht nur die Sitzungen. Viel Zeit geht auch für das Lesen der umfangreichen Beschlussvorlagen drauf.“ Deswegen ist sie nun wieder bei den Eltern in Sindelfingen eingezogen, nachdem sie während des Bachelorstudiengangs ein Zimmer in Tübingen gemietet hatte. Auch reichte es ihr vor Antritt ihrer politischen Mandate noch zu einem Auslandssemester in San Francisco. Doch nun liegt ihr Fokus ganz auf den Belangen ihrer Heimatstadt.

Langweilig sei es ihr in den teils sehr langen Sitzungen noch nicht gewesen. „Alles ist im Moment noch neu und spannend. Ich lerne jedes Mal etwas dazu.“ Offen und hilfsbereit seien die Kollegen in der Fraktion, in den Gremien und Verwaltungen. „Der Landrat, Herr Bernhard, hat mir angeboten, dass ich als neues Mitglied des Jugendhilfe- und Bildungsausschusses ein Gespräch mit dem Sozialdezernenten führen kann, um einen Einblick die Themen zu bekommen.“

Berufspolitikerin kann sie sich nicht vorstellen

Ihr liegen besonders die Jugendthemen am Herzen. „Ich verstehe mich gut mit Tobias Bacherle, dem jungen Rat von den Grünen“, sagt sie. Forster unterstützt den Jugendgemeinderat, der sich für die Schaffung eines Jugendtreffs in der Innenstadt starkmacht. Damit liegt sie nicht unbedingt auf der Linie ihrer Fraktion, die ein Jugendzentrum in der demnächst frei werdenden Realschule Eschenried favorisiert.

Kann sich Johanna Forster vorstellen, die Politik auch zu ihrem Beruf zu machen? „Eher nicht“, meint sie. Lieber möchte sie in die freie Wirtschaft gehen, Karriere in einem Unternehmen machen. „Ich hoffe, dass ich hier in der Umgebung was finde, damit ich auch meine Mandate weiterhin ausüben kann.“ Bis mindestens nächstes Jahr im Sommer wird sie auf jeden Fall in Sindelfingen leben. Dann schließt sie ihr Studium ab.

Jungräte unterschätzen Zeitaufwand

Auch in anderen Gemeinderäten im Landkreis mischen junge Leute mit. Besonders stolz ist der Aidlinger Daniel Schmidt, der für die Freien Demokraten im dortigen Rat sitzt. „Als erster FDPler überhaupt, das gab es noch nie in Aidlingen“, berichtet der 24-Jährige. Er  ist obendrein der Pressesprecher des FDP-Kreisverbands und führt die Jungliberalen im Kreis an. Von seinen Gemeinderatskollegen fühlt sich Daniel Schmidt durchaus ernst genommen. „Es gab auch schon knappe Abstimmungen im Gremium, bei denen es auf einzelne Stimmen ankam. Insofern bin ich wichtig“, sagt der BWL-Student selbstbewusst. Er melde sich auch als Neuling im Gemeinderat bei ihm wichtigen Themen zu Wort, sagt er.

Auch Tobias Bacherle, Grünen-Stadtrat in Sindelfingen, beteiligt sich gerne an Debatten im Gremium. Das liege nicht nur an seiner Person, sagt der 20-Jährige mit der auffälligen Frisur, „sondern auch an unserer Fraktion. Da ist es üblich, dass der, der sich mit Themen beschäftigt und auch im Ausschuss sitzt, im Gremium mitdiskutiert.“ Am Herzen liegen dem Politik- und Islamwissenschaftsstudenten vor allem kulturelle Themen. Als Ansprechpartner für Jugendliche versteht er sich. Nicht immer dürfe er dann alles preisgeben, was ihm als Stadtrat bekannt ist. „Manches, was noch nicht sicher ist, wird zunächst nicht öffentlich besprochen.“ Wichtig ist Bacherle, als Junger in der eigenen Partei Akzente zu setzen, „nicht nur mitzuschwimmen“. Fühlt er sich ernst genommen? „Über manchen Beitrag hat man sich im Gremium geärgert. Das heißt, man nimmt mich ernst.“

Nina Dinkelaker ist in Böblingen das Gemeinderatsküken. Für die Freien Wähler zog die 21-Jährige ins Gremium ein. Gelernt hat sie in den wenigen Monaten im Rat bereits, „dass man aufpassen muss, was man sagt, sonst steht man schnell in der Zeitung“. Unterschätzt habe sie den Zeitaufwand ihres Ehrenamts. „Ich bin nicht nur im Gemeinderat, sondern auch im Verwaltungsausschuss. Das sind zwei Sitzungen pro Monat, jeweils davor stundenlange Fraktionstreffen.“ Hinzu kämen viele Einladungen auch von städtischen Tochterunternehmen, die sie als Rätin erhalte. Anfangs sei sie überall hin, um Einblicke zu erhalten. jetzt wähle sie die Termine gezielt aus.

Angetreten
Eine wahre Schwemme an jungen Kandidaten hat es bei der letzten Kommunalwahl im vergangenen Mai quer durch alle Parteien gegeben – so viele wie nie zuvor. Der Grund: erstmals durften auch 16- und 17-Jährige wählen. Und so gab es gleich sechs Jahrgänge an Erstwählern, die die Parteien mit gleichaltrigen Bewerbern für den Gang an die Urne mobilisieren wollten. Teilweise räumten die Parteien auch großzügig ihre vorderen Listenplätze für den Nachwuchs frei. So setzten die Freien Wähler in Sindelfingen mit dem damaligen Jugendgemeinderatschef Milenko Milojevic einen 19-Jährigen auf Platz zwei – gleich hinter die Fraktionschefin Ingrid Balzer.

Verpasst
Trotz des aussichtsreichen Listenplatzes und trotz seiner Popularität schaffte Milojevic nicht den Sprung in den Gemeinderat. Ähnlich erging es Dilnaz und Yusuf Alhan in Böblingen. Das Geschwisterpaar, bekannt in der Stadt vor allem als rhetorisch versierte Jugendratsvertreter, traten für die Grünen und die SPD an. Stattdessen zog Nina Dinkel-aker – nicht nur bekannt als Spross einer Brauerei-Familie, sondern auch durch ihre Aktivitäten des Jugendclubs Forum – für die Freien Wähler ins Gremium ein.

Geschafft
Dass ein Gemeinderatsposten in jungen Jahren der Beginn einer Politkarriere sein kann, dafür ist der Sindelfinger Oberbürgermeister Bernd Vöhringer ein gutes Beispiel. Mit 25 Jahren wurde er für die CDU in das Gremium gewählt, sieben Jahre – im Jahr 2001 – später dann zum damals jüngsten OB Deutschland