Seit acht Jahren verwaltet ein Bayer die Finanzen der Daimlerstadt. Nun nähert sich seine Amtszeit dem Ende. Doch Christian Gangl will noch einmal antreten.
Sindelfingen - Provozieren lässt sich Christian Gangl nicht. Das ist eine seiner großen Stärken. Souverän meisterte er im vergangenen Jahr seinen Job als Wahlleiter bei der Sindelfinger Oberbürgermeisterwahl. Heikel waren die drei Kandidatenvorstellungen, bei denen der Amtsinhaber gegen die schrille Dauerkandidatin Fridi Miller antrat. Gangl schaffte es mit Diplomatie, die auf Krawall gebürstete Miller in Schach zu halten. Trotz seiner betont sachlichen, ja fast spröden Art ist der Finanzbürgermeister ein Mann, der Sympathien weckt – wohl auch wegen seines hörbar bayrischen Zungenschlags .
Vor knapp acht Jahren wechselte Gangl aus dem Allgäu ins Schwabenland. Eine schwere Zeit lag damals hinter ihm. In Füssen war er der Rathauschef gewesen, doch die Bürger wählten ihn ab, weil er in der großen Finanzkrise unpopuläre Entscheidungen durchsetzen musste – wie die Schließung eines Schwimmbads. Er versuchte sein Glück in der Privatwirtschaft, landete bei einer amerikanischen Schule, die ihn nach dem Prinzip „hire and fire“ bald wieder entließ. Gangl war Ende 40, Vater zweier pubertierender Kinder und brauchte dringend einen Job.
Sport top, Kultur mau
Der Sindelfinger Gemeinderat gab dem CSU-Mann eine Chance. Und keiner im Gremium hat bisher diese Entscheidung bereut. Kritik am Oberbürgermeister Bernd Vöhringer (CDU) äußern viele Räte, gerne auch offen. Auch die Baubürgermeisterin Corinna Clemens ist nicht ganz unumstritten. Doch über Christian Gangl äußern sich die Räte quer durch alle Fraktionen nur lobend.
„Solider Finanzexperte, guter Moderator bei schwierigen Sitzungen, angenehm in seiner Art, loyal gegenüber der Stadt und dem Oberbürgermeister“, lauten die Beurteilungen. Kritik kommt nur wenig. „Kultur ist nicht seine Stärke“, bedauern manche Stadträte. Denn Gangl ist auch für den Kulturbereich zuständig. Aber immerhin lasse er dem Kulturamtschef Horst Zecha freie Hand. Die Sportler in der Stadt sind sowieso zufrieden mit dem Dezernenten, der auch für die Belange des Sports Verantwortung trägt. Immerhin ist Gangl selbst aktiver Sportler – er radelt, schwimmt und joggt. Das hält ihn fit für sein Dezernat, das mit mehr als 800 Mitarbeitern das größte im Rathaus ist.
Der Bayer ist der Verhandler der Stadtverwaltung, etwa wenn es um Grundstücksver- und -ankäufe geht. Und er gilt als einer, der geschickt darin ist, der Stadt Vorteile zu sichern, ohne andere dabei über den Tisch zu ziehen. „Man muss sich später noch begegnen und dabei in die Augen schauen können“, ist sein Prinzip. Sein diplomatisches Geschick bewahrt ihn auch vor größeren Differenzen innerhalb des Rathauses. Die Troika Vöhringer-Gangl-Clemens gilt als harmonisch, was im Sindelfinger Rathaus nicht selbstverständlich ist. Zwischen Gangls Vorgänger Helmut Riegger und dem OB Vöhringer knirschte es gewaltig, ebenso mit dem früheren Baubürgermeister Johannes Mescher. Anders als Riegger ist Gangl kein Alphatier, das bestimmen möchte. Mit seiner Rolle in der zweiten Reihe ist er höchst zufrieden. „Ich stand in Füssen ganz vorne. Jetzt ist es angenehm, auch mal freie Wochenenden und Zeit für die Familie zu haben.“ Das Repräsentieren überlässt er gerne dem OB.
Unterstützung von CDU und Freien Wähler
Freilich hat die Harmonie auch ihren Preis. Als durchsetzungsfähig gegenüber seinem Chef gilt Gangl nicht. „Er verkämpft sich nicht, schaut pragmatisch, was möglich ist“, sagt ein Stadtrat. Verständlich aus Sicht des 56-Jährigen, der gerne eine weitere Amtsperiode dranhängen möchte. „Wir fühlen uns hier in Sindelfingen auch privat sehr wohl“, betont er.
Im September wird seine Stelle wieder besetzt. Es gebe mehrere Bewerber, heißt es. Die Konkurrenten sind außer der Dauerkandidatin Miller nicht bekannt. Egal, wie sie heißen – der Unterstützung von Freien Wählern und CDU kann sich Christian Gangl sicher sein. Die anderen Fraktionen wollen sich erst die Bewerber anschauen. Aber auch sie haben signalisiert, dass sie sich eine weitere Zusammenarbeit mit Gangl sehr gut vorstellen können.