Drei Schülerinnen des Gymnasiums Unterrieden haben mit ihrem Drehbuch beim Jugendfilmwettbewerb den ersten Platz gemacht. Ihr Preis: die Verfilmung des Skripts. Ein Besuch bei den Dreharbeiten.

Sindelfingen - Die Location: ein älteres Reihenhaus in einem Sindelfinger Stadtteil, Linoleumboden, Blumentapeten an den Wänden. Das Wohnzimmer ist mit Schrankwand, Sofa und Tisch nur spärlich eingerichtet, alle Möbel haben sichtliche Gebrauchsspuren. Kameraleute und Tontechniker schleppen ihre Geräte herein und positionieren sie rund um den niedrigen Tisch. Dort sitzen die beiden Hauptdarsteller . Der Regisseur gibt letzte Anweisungen. Dann heißt es „Film ab. Ton ab. Szene 11, Klappe 1.“

 

Entspannt und zugleich sehr professionell agiert die mehr als 20-köpfige Crew. Dabei ist es für meisten das erste Mal, dass sie vor oder hinter einer Kamera stehen. Fast alle sind Schüler des Gymnasiums Unterrieden. Und sie drehen – mit Hilfe einiger weniger Profis – einen 20-minütigen Film. Der Regisseur ist 18 Jahre alt. Erfahrung mit dem Filmen hat er bereits an der Video-AG seiner Schule gesammelt. Doch Regie zu führen bei einem ganzen Film, sei eine besondere Herausforderung, sagt Marc Mante. „Es ist viel Verantwortung.“

Der Schauspiel-Coach ist begeistert

Begeistert ist der Schauspiel-Coach Torsten Hoffmann von den beiden Hauptdarstellern Hussam Al Heraki und Ahmed Abou-Taleb, die zwei junge Flüchtlinge mimen. Hoffmann, selbst professioneller Schauspieler, hat in einem Workshop den Darstellern des Films eine Einführung in die Kunst des Schauspiels gegeben. „Wichtig ist vor allem die Gefühlsebene, wie jemand sich mit seiner Rolle identifizieren kann“, sagt er. Bei Hussam und Ahmed funktioniere das hervorragend. Auch die Projektleiterin, die Filmemacherin Sabine Willmann, ist voll des Lobes. „Ich mache oft Projekte mit Jugendlichen. Aber ich habe selten so gute Schauspieler gesehen.“ Beeindruckt ist Willmann auch von den anderen Mitgliedern der Filmcrew. „Viele bringen Erfahrungen aus der Theater- und der Medien AG mit“. Das sei ein hohes Niveau. Alles machen die Schüler selbst: Beleuchtung, Tontechnik, Kameratechnik, die Einrichtung der Locations. Die Profis geben Tipps, organisieren und stellen das technische Equipment zur Verfügung.

Bezahlt werden die Profis vom Landesmedienzentrum Baden-Württemberg. Es finanziert gemeinsam mit dem SWR, der MFG Filmförderung und der Landesanstalt für Kommunikation das Projekt. Es ist der erste Preis für den Jugendfilmwettbewerb „Tatort Bodensee“. Gewonnen haben ihn drei Schülerinnen des Gymnasiums Unterrieden: Nadine Bela, Rosaly Mäule und Vivian Prey. Belohnt werden sie mit der Verfilmung ihres Skripts. Dass sie gewinnen könnten, damit haben die drei Mädchen nicht gerechnet. Zumal ihr Filmstoff eher gegen den Zeitgeist geht. Im Mittelpunkt steht der Syrer Djamil, der zu Unrecht als Fahrraddieb verdächtigt wird.

Vor vier Jahren Siegerin, heute Profi

Die Autorinnen sind am Filmset dabei, jede hat eine andere Aufgabe. Nadine kann als Regieassistentin direkt bei der Umsetzung ihrer Ideen mitwirken. Vivian ist als Skriptgirl für die Klappe zuständig. Rosaly kümmert sich gemeinsam mit ihrem Bruder Timo um die Ausstattung der Locations und das Catering der Crew.

Vielleicht ist ja dieser Dreh für den einen oder anderen Akteur der Beginn einer großen Karriere. Bei Paulina Knobloch, die als Projekt-Assistentin alles koordiniert, hatte vor vier Jahren mit dem Jugendfilmwettbewerb alles begonnen. Damals gewann sie den ersten Preis. Heute studiert sie in Bonn Medienwissenschaften – und arbeitet nebenbei bei diversen Filmprojekten mit. Als Mädchen für alles agiert sie am Drehort. Sie ist die die erste, die morgens am Set ist. Zeit für einen Plausch hat sie eigentlich nicht. „Paulina“, ruft ihre Chefin. „Sorry, ich muss noch einiges organisieren“, sagt die 21-Jährige – weg ist sie.

Im Maichinger Wohnzimmer geht es derweil weiter. „Szene 11, Klappe 2“, ruft Nadine. „Film ab, Ton läuft.“

Premiere ist im Juli

Unterstützung
Entstanden ist das Drehbuch im Literaturkurs der 11. Klasse am Gymnasium Unterrieden. Auch die Stadt Sindelfingen unterstützt die Filmcrew. Sie stellt für den Dreh das Haus in Maichingen kostenlos zur Verfügung. Ein Magstadter Busunternehmer überließ dem Team für eine andere Filmszene einen Tag lang einen seiner Busse.

Filmvorführung
Im Anschluss an die Dreharbeiten, die diese Woche enden, wird der Film – auch von Schülern – geschnitten. Bis Ende Juli soll er fertig sein. Dann wird der 20-Minuten-Streifen voraussichtlich in einem Böblinger Kino Premiere haben. Zudem wird er im Dezember bei der Filmschau Baden-Württemberg gezeigt und konkurriert dort beim Jugendfilmpreis um einen der Geldpreise.