Die Sindelfinger Rathausspitze will einen Neubau auf dem AOK-Gelände. Fünf Stadträte fordern einen Bürgerentscheid über die Standortfrage.

Sindelfingen - Was im Kommunalwahlkampf vor vier Jahren begonnen hatte, könnte nun kurz vor der nächsten Wahlrunde seinem Ende entgegengehen: Aus den Plänen zum Ausbau des leer stehenden Kaufhauses Domo am Sindelfinger Corbeil-Essonnes-Platz wird wohl nichts – wenn die Stadtverwaltung sich durchsetzt. Erneut legte die Rathausspitze jetzt ihren Plan von vor zwei Jahren vor. Dieser favorisiert den Neubau eines Kultur- und Bürgerzentrums auf dem Areal der Alten AOK in der Hanns-Martin-Schleyer-Straße gegenüber dem Bahnhof. Und dieses Mal weiß die Stadtverwaltung einen Großteil der Gemeinderäte hinter sich, die meisten der CDU und der Freien Wähler.

 

Fraktionsübergreifender Widerstand

Doch auch Widerstand regt sich im Stadtparlament. Vier Stadträte – die Grünen Tobias Bacherle und Hans Grau, der SPD-Mann Axel Finkelnburg und der Linke Richard Pitterle – wollen einen Antrag einbringen, mit dem sie einen Bürgerentscheid über die Standortfrage des Kulturzentrums fordern. Alle vier sind Mitglieder der sogenannten Lenkungsgruppe, die in den vergangenen zwei Jahren über das Thema des geplanten Bürger- und Kulturzentrums eingehend beraten hat. Die Mehrheit dieses Gremiums empfiehlt nun, den Plänen der Stadtverwaltung zu folgen.

Hoch waren die Wellen in der Stadt vor zwei Jahren geschlagen, als die Stadtverwaltung bei einer Bürgerinformation erstmals ihre Ideen für ein Kulturzentrum bei der Alten AOK vorgestellt hatte. Die Befürworter einer Umgestaltung des Domo warfen den Vertretern der Verwaltung vor, unseriöse Zahlen zu präsentieren. Mit 20 bis 40 Millionen Euro rechnet die Stadtverwaltung – angesetzt auf einen Zeitraum von 20 Jahren – für eine Anmietung oder den Kauf und die Sanierung des Kaufhauses. Ein Neubau hingegen könnte für den gleichen Zeitraum mit zwölf Millionen Euro realisiert werden, heißt es. Diese Argumentation wurde von Stadträten angezweifelt, die eine Untersuchung durch einen externen Gutachter forderten.

Beauftragt wurde aber ein Gutachter mit der Überprüfung der rechtlichen Möglichkeiten. Denn die Eigentumsverhältnisse sind kompliziert. Das Kaufhaus gehört einem Eigentümer, der seit Jahren vergeblich versucht, es neu zu vermarkten. Im Haus befinden sich zudem 70 Eigentumswohnungen. Ein Abriss des Betonbaus kommt deshalb nicht infrage.

Komplizierte Rechtslage

Das Fazit des Rechts-Gutachters: Bevor die Stadt den Sanierungsbedarf überprüfen darf, braucht sie die detaillierte Einwilligung aller Eigentümer. „Das ist nicht unmöglich, aber sehr aufwendig und zeitlich nicht absehbar“, sagt der Oberbürgermeister Bernd Vöhringer. Andererseits würden die Vereine, die momentan in der Alten AOK ihre Räume haben, ungeduldig. „Deshalb empfehlen wir einen Neubau auf einem Areal, das uns gehört“, sagt er.

Die Mitglieder des Fördervereins Domo novo wolle man gerne einbinden bei der Planung des neuen Kulturzentrums, für das eine Bürgerbeteiligung vorgesehen sei. „Erst räumt man hinter verschlossenen Türen unsere Pläne ab – und dann, wenn es keine Alternative mehr gibt, sollen wir und die Bürger mitdiskutieren“, empört sich darüber Herbert Rödling, der maßgebliche Initiator des Domo-novo-Projekts.

Er kritisiert, dass im Gegensatz zum Domo-novo-Verein, der ein detailliertes Konzept vorgelegt hat, die Verwaltung bisher nur eine Idee habe. Die Baubürgermeisterin Corinna Clemens sieht das anders: „Dass es kein Konzept gibt, ist gewollt. Wir wollen Vereine und Bürger, vor allem Jugendliche, beteiligen und gemeinsam ein Konzept entwickeln.“ Nicht geklärt ist mit der Favorisierung eines Neubaus, wie es mit dem Domo weitergeht. Den Charme der Ideen des Domo-novo-Vereins macht vor allem aus, dass eine Belebung des Kaufhauses auch ein städtebauliches Problem lösen könnte. Dieses hat die Stadt nun weiter – auch wenn der Gemeinderat die Verwaltung damit beauftragt, einen Vorschlag zur Entwicklung des Areals vorzulegen.