Bildhauerei-Studenten der Stuttgarter Kunstakademie stellen in der Galerie der Stadt Sindelfingen aus. Die Ausstellung bietet den Besuchern poetische Überraschungen.

Sindelfingen - Multivitamin-Brausetabletten, Gummiringe für Einmachgläser, Eierschalen, Strumpfhosen, Rotkohl, Pferdehaare, Haargummis, Erdnussschalen, Zahnpastaspritzer – die Liste der ungewöhnlichen Zutaten dieser Ausstellung ist lang. Ebenso ungewöhnlich ist ihr auf den ersten Blick irritierender Titel „Das Unangreifbare war noch nie so meins“. Tatsächlich hat die Ausstellung das ungewöhnlich zahlreiche Publikum bei der Vernissage in der Galerie der Stadt Sindelfingen geradezu hingerissen.

 

28 Künstler beteiligen sich an der Schau, die meisten besuchen die Bildhauerklasse von Susanne Windelen, einige haben die Stuttgarter Kunstakademie auch schon hinter sich gelassen. Die Professorin präsentiert ebenfalls eine Arbeit und zeigt sich somit auf Augenhöhe mit ihren Studenten.

Ein Meer aus Eierschalen – und nichts davon bleibt

Bildhauerei, sagte Petra von Olschowski bei der Einführung, sei die einzige Kunst, die sich im Raum des Betrachters ereigne. Diese Sichtweise ihrer Rektorin haben die Künstler sehr wörtlich genommen – so hatte etwa Caroline Weng den Treppenabsatz im zweiten Stock mit einem Meer aus filigranen Eierschalen ausgelegt, durch das sich die Besucher ihren Weg bahnen mussten. Am Ende der Vernissage blieb von der poetischen Installation nichts mehr übrig.

Mindestens genauso viel Aufmerksamkeit fand eine andere Arbeit, deren Duft von weitem zu erschnuppern war: Judith Kaiser und Friederike Stanger stapelten in acht transparenten Glasbecken auf dem Boden akkurate Türme aus Brausetabletten. Mit etwas Wasser vollzog sich dann zischend, was die Künstlerinnen mit „Untergangsstrategien“ betitelten – ein pastellfarbener Auflösungsprozess, der große wie auch kleine Besucher sichtlich ansprach.

Die Inszenierung zeigt, wie trügerisch Sicherheit ist

Die spektakulärste Arbeit ist eine kinetische Installation von Jan Löchte, die als Schlusspunkt des Rundgangs im Oktogon inszeniert wird: sie pumpt unaufhörlich Wasser von einer Seite einer übermannsgroßen Schaukel zur anderen.

Maria Bisch nutzt den Raum für ihre Arbeit „the space between us“ ganz anders: Aus zwei entgegengesetzten Lautsprechern beschallt sie ein fast leeres Zimmer abwechselnd mit Ausschnitten aus Gesprächen zu Deutschland und Afrika. Wer den Raum betritt, hat den Eindruck, er lausche zwei unsichtbaren Gesprächspartnern. An diese Arbeit knüpft Pia Stoll mit „Gewachsen“ an. Sie präsentiert nebenan getrocknete Rotkohlhälften, in einer Reihe an die Wand montiert. Das kunstvoll verschrumpelte Gemüse weckt allerlei Assoziationen – Schrumpfköpfe? Mumien? – und lässt den Betrachter mit eigenen Klischees und Erwartungen an Kunsträume und Museen ins Gespräch kommen.

Wie immer profitieren Schüler und Auszubildende von der Kooperation mit der Werkstadt. Wozu die Auszubildenden des Sindelfinger Mercedes Benz-Werkes sich bildhauerisch inspirieren ließen, ist in der Schau bereits zu sehen.