Am Dienstagnachmittag fällt nach jahrelangen Debatten im Sindelfinger Gemeinderat die Entscheidung über den Standort für ein Bürger- und Kulturzentrum. Beide Seiten haben gute Argumente.

Sindelfingen - Ein Haus für Vereine auf dem alten AOK-Gelände an der Hanns-Martin-Schleyer-Straße oder ein soziokulturelles Kultur- und Bürgerzentrum am Rande der Altstadt im leer stehenden Kaufhaus Domo? Diese Frage treibt seit vielen Monaten die Sindelfinger um, spaltet Gemeinderat und Bürgerschaft. Nach langen Debatten fällen die Stadträte an diesem Dienstag eine endgültige Entscheidung. Wir zeigen noch einmal auf, um was es dabei eigentlich geht.

 

Idee Beim „Bürgerdialog Sindelfingen 2025“ vor einigen Jahren ging es um die Entwicklung der Stadt. Dort wurde die Idee zur Schaffung eines Kultur- und Bürgerzentrums geboren. Im Kommunalwahlkampf 2014 griffen die Grünen das Thema auf. Ihr Vorschlag: das seit Jahren leer stehende Kaufhaus Domo, das mittlerweile als Schandfleck gilt, aber nicht abgerissen werden kann, zu sanieren und in ein soziokulturelles Zentrum umzuwandeln.

Entwicklung Aus der Idee des früheren Grünen-Stadtrats Herbert Rödling wurde eine parteiübergreifende Initiative. Diese führte Gespräche mit dem Eigentümer der Immobilie und machte mit einem Architekten konkrete Pläne zum Umbau des Kaufhauses in ein Kulturzentrum. Bald wurde aus der Initiative der Förderverein Domo novo mit momentan mehr als 100 Mitgliedern. Die Stadtverwaltung nahm das Domo als einen von mehreren Standorten für ein Bürgerzentrum auf. Sie entwickelte zudem einen eigenen Vorschlag: der Neubau eines Treffpunkts für Vereine auf dem Gelände der alten AOK. Nach einer Überprüfung aller Standorte blieben das Domo und die Alte AOK übrig.

Argumente der Domo-Befürworter Was mit dem leer stehenden Kaufhaus geschehen soll, ist seit vielen Jahren ein Dauerthema in der Stadt. Aus städtebaulicher Sicht wäre eine Belebung des riesigen Betonklotzes aus den 1970er Jahren eine großer Gewinn. Der Eigentümer, der bisher vergeblich nach einer neune Nutzung suchte und keine Interessenten fand, begrüßt das Domo-novo-Konzept. Auch die Eigentümer der 70 Wohnungen im Haus hoffen auf eine Lösung. Auf den 10 000 Quadratmetern Fläche könnte ein sozio-kulturelles Zentrum als Treffpunkt für alle Bürger und Vereine ganz unterschiedlicher Ausrichtung werden: viele Gruppen, von traditionellen Migrantenvereinen bis hin zu subkulturellen Initiativen, würden sich dort begegnen. Platz gebe es zudem für Künstler-Ateliers, Probenräume für Bands und einen Veranstaltungssaal für 400 bis 500 Personen – ein Saal dieser Größe mit der entsprechenden Veranstaltungstechnik fehlt vielen Kulturschaffenden momentan in der Stadt.

Argumente der AOK-Befürworter Schon bisher treffen sich verschiedene Vereine in der alten AOK, die allerdings abbruchreif ist. Im Neubau würden diese Vereine wieder Unterschlupf finden, dazu weitere, die bei einer Umfrage Platzbedarf angemeldet hatten. Mit 3000 Quadratmetern kalkulierter Fläche hätte das Haus die richtige Größe – 10 000 Quadratmeter im Domo hält die Stadtverwaltung für zu groß. Ein Neubau wäre vermutlich schneller zu realisieren als ein Umbau des Domo, wo der Sanierungsbedarf noch ermittelt werden muss und alle Arbeiten mit den 70 Wohnungseigentümern abgestimmt werden müssen. Auch die Kosten sind bei einem Neubau besser zu kalkulieren als bei der Sanierung des Kaufhauses.

Kosten Die Stadtverwaltung spricht von zwölf Millionen Euro für einen Neubau auf dem AOK-Gelände. Für einen Umbau des Domo rechnet sie je nach Variante – Kauf oder Anmietung – mit 20 bis 40 Millionen Euro. Die Mitglieder der Domo-novo-Initiative halten eine Realisierung für zehn bis 15 Millionen für möglich. Die Verwaltung argumentiert auch noch mit den Kosten für die Sanierung anderer Veranstaltungsräume wie der Bibliothek und dem Stadtmuseum, die hinzukämen. Einen weiteren Veranstaltungssaal in der Stadt hält die Verwaltung für nicht notwendig.

Mehrheit im Rat ist für Neubau

Prognose
: Nach den Vordebatten in den Ausschüssen des Gemeinderats scheint es so gut wie sicher, dass das Domo-novo-Konzept durchfällt. Die Mehrheit des Gremiums – vor allem CDU- und Freie Wähler-Räte, votieren für die Pläne der Stadtverwaltung und einen Neubau auf dem Gelände der alten AOK. Für das Domo machen sich Grüne, Linke und die SPD stark. Was nach einer Entscheidung für die AOK dann mit dem als Schandfleck geltenden Kaufhaus Domo passieren soll, bleibt weiter offen. Der Eigentümer erklärte, er habe mittlerweile auch andere Interessenten. Konkretes wollte er aber nicht sagen.

Domo novo:
Die Stadtverwaltung hofft, dass sich die Mitglieder des Domo-novo- Vereins bei der Entwicklung der alten AOK einbringen. Wahrscheinlicher ist aber, dass sich der Verein auflöst.