Die molekulare Erkennung verschiedenster Stoffe ermöglicht nicht nur die Erkennung von Sprengstoff, sondern auch das Versenden von Gerüchen per SMS. Der Geruchs- und der Geschmackssinn sind noch wenig untersucht. Wie lassen sie sich beeinflussen?

Unsichtbar schweben die Teilchen durch die Luft des Flughafens – immer auf der Suche nach ihrem passenden Gegenstück. Die so genannten „Geprägten Polymere“ spüren Sprengstoffspuren auf. Spezielle Detektoren lösen ähnlich wie Rauchmelder Alarm aus, sobald sich die Polymere durch Bindung an Sprengstoffpartikel über eine bestimmte Konzentration anreichern. Was nach Science-Fiction klingt, ist – zumindest unter Laborbedingungen – bereits möglich. Die Polymere „erriechen“ sich sozusagen ihre Umwelt. Es ist die letzte Bastion für Sinnesforscher, nachdem audiovisuelle und haptische Reize mittlerweile auf vielfältigste Weise abgebildet werden können. Nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip – ähnlich einem Antikörper, der an einen Krankheitserreger andockt – können Materialien für verschiedene Anwendungen hergestellt werden.

 

Am Einsatz der geprägten Polymere wird in Deutschland etwa in einem Projekt an der Uni Stuttgart geforscht. Es zielt darauf ab, funktionale Materialien für einen Gewässer-Reinigungsprozess zu entwickeln, der auf geprägten Polymeren basiert. Alle möglichen Arten synthetischer und organischer Komponenten wie pharmazeutische Rückstände oder Düngerreste sollen künftig auf diesem Weg eliminiert werden. Dabei geht es vorrangig um das Herausfiltern von Mikroverunreinigungen, die bislang nicht vollständig aus Wasser entfernt werden können. „Nanostrukturen können Wasser säubern, indem störende Stoffe mit einer Art molekularem Sieb gezielt abgefangen werden“, sagt Günter Tovar, Professor an der Universität Stuttgart.

Weltweit ist das Interesse an geprägten Polymeren groß. So arbeitet ein internationales Forscherteam daran, mit Polymeren Viren im Blut zu erkennen. Die Fähigkeit zur Unterscheidung der ähnlich aufgebauten Schweinegrippe- und Vogelgrippe-Viren wurde bereits bewiesen. Nun hoffen die Forscher, in fünf bis zehn Jahren mit Hilfe von geprägten Polymeren einen Virenschnelltest auf den Markt bringen zu können.

Gerüchte elektronisch verschicken

Auch für privates Vergnügen kann die molekulare Erkennung eine Rolle spielen: Bei zwei Innovationen wird konkret etwa der Geruchssinn genutzt. Elektronische Geräte sollen Düfte und Aromen bald digital „verschicken“ können. Das bereits erhältliche „Scentee“ ist zum Beispiel ein Duftspender für Smartphones oder Tablets, das über den Kopfhörerausgang angeschlossen wird. Es verströmt dann einen Duft, wenn eine E-Mail oder eine Facebook-Benachrichtigung eingeht. Das über eine Crowdfunding-Internetseite initiierte Projekt „oPhone“ wurde von Studenten der Harvard University entwickelt, um den Geruchssinn in die moderne Kommunikationswelt einzubinden. Das Gerät soll künftig Gerüche verschicken, so wie bislang SMS-Kurznachrichten versendet werden. Es wird dazu an ein iPhone angeschlossen und mit einer zugehörigen App gesteuert. Damit lassen sich Düfte empfangen und – sofern der Empfänger auch ein „oPhone“ besitzt – versenden. Das Empfangsgerät wird damit zu einer Art Duftdrucker. Bislang lediglich Essensgerüche bietend, sollen aus acht Kapseln mit insgesamt 32 Grundaromen im Gerät künftig bis zu 300 000 Gerüche gemischt werden können, die Bilder, Texte oder Geräusche ergänzen.

Der Geschmackssinn soll getäuscht werden

Doch auch dem Schmecken sind Wissenschaftler längst auf der Spur, einem weiteren Sinn, der hauptsächlich mit Aromen arbeitet. Ein Forschungsteam der National University of Singapore erzeugt mit seinem Trinkglas „Funrasa“ digitale Geschmackserlebnisse – hier geht man allerdings nicht mehr über den Umweg der molekularen Erkennung, sondern wählt den direkten Weg über die Nervenbahnen. Ein Trinkhalm mit zwei kleinen Silberelektroden stimuliert sanft elektrisch Ober- und Unterseite der Zungenspitze. Es hatte sich im Rahmen der Forschung gezeigt, dass elektrische Stimulation und verschiedene Temperaturen an der Zungenspitze Geschmacksempfindungen verursachen. So sorgt Strom für einen sauren, salzigen oder bitteren Geschmack, Erwärmung oder Kühlung für einen süßen, minzigen oder würzigen Geschmack. Kombiniert wird dies mit einer Beleuchtung des Glases in Rot, Grün oder Blau, um die Geschmackswahrnehmung im Gehirn zusätzlich anzuregen. Neben reinem Freizeitvergnügen bietet dieses Projekt aber auch ernsthafte Anwendungsmöglichkeiten. So kann der „Funrasa“ eine Alternative zu Softdrinks mit Farbstoffen und Zucker darstellen. Diabetespatienten können das Getränk sorgenfrei genießen, da es keinen Zucker enthält. Und Krebspatienten könnten den „Funrasa“ zum Beispiel nutzen, um ihren nach einer Chemotherapie gestörten Geschmackssinn wieder zu schulen.

Gerüche im Kino

Pionier

Ansätze, Düfte im Kino zu integrieren, gibt es bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts. 1940 hatte der Schweizer Hans E. Laube ein Verfahren namens „Odorated Talking Pictures“ entwickelt, doch über eine Uraufführung kam das System wegen Patentstreitigkeiten nicht hinaus.

Nachfolger

20 Jahre später stellte der Amerikaner Charles Weiss sein „AromaRama“ vor, bei dem Duftstoffe durch die Klimaanlage geleitet wurden. Doch wie „Glorious-Smell-O-Vision System“ von Mike Todd jr. war es kein Erfolg, weil die Luftumwälzung des Kinosaals nicht schnell genug erfolgte.

Heute

Interessierte können ein Duftkino im Fraunhofer-inHaus-Zentrum in Duisburg besuchen. Düfte gelangen in diesem Kino szenen- und bildgenau in den Raum. Beim Anblick eines Lavendelfeldes kann der Besucher einen Lavendelduft genießen und soll sich vollkommen entspannen