Der Druck steigt, doch auch am frühen Abend von Tag drei des Koalitionsausschusses können die Spitzen der Ampel noch keine Ergebnisse vorweisen. Dabei sei die Atmosphäre eigentlich gut, heißt es.

Die Spitzenpolitiker von SPD, Grünen und FDP ringen weiter um Kompromisse in mehreren Streitfragen – machen aber laut Kanzler Olaf Scholz gute Fortschritte. Es werde „sogar sehr, sehr, sehr gute Ergebnisse geben“, versprach der SPD-Politiker am frühen Dienstagabend im Kanzleramt. „Es wird sich gelohnt haben“, so Scholz weiter. Man komme gut voran, die hauptsächlichen Fragen seien längst gelöst. Es gehe nun noch um viele Details, die zu einem guten Gesamtwerk passen sollten.

 

Die Spitzen der Ampel-Parteien verhandeln besonders über mehr Klimaschutz im Verkehrsbereich und einen schnelleren Bau von Autobahnen. Auch über den Austausch von Öl- und Gasheizungen sowie die Finanzierung und Gestaltung der geplanten Kindergrundsicherung hatte die Koalition zuletzt gestritten. Scholz deutete an, es werde einige überraschende Beschlüsse auch zu Themen geben, mit denen im Vorfeld niemand gerechnet habe.

Unterbrechung der Gespräche

Die Ampel-Koalition hatte ihre Gespräche am Sonntagabend aufgenommen, am Montag aber am frühen Nachmittag unterbrochen, weil Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und mehrere Minister zu deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen nach Rotterdam reisten. Scholz berichtete dort von einer vertraulichen wie freundlichen Atmosphäre unter den Koalitionären.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach am Dienstagmorgen von einer leidenschaftlichen, aber zugleich kontroversen Debatte. Der SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch gab sich hoffnungsvoll: „Wichtig ist, dass wir jetzt bestimmte Streitfragen zugespitzt klären, damit wir eine Vorlage haben, dann im parlamentarischen Verfahren tatsächlich diese Fortschritte zu erzielen, die dringend notwendig sind“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass das den drei Partnern heute gelingt.“

Merz kritisiert Scholz scharf

Unionsfraktionschef Friedrich Merz attestierte der Ampel-Koalition angesichts der mehrtägigen Gespräche Handlungsunfähigkeit. „Wir haben ganz offensichtlich in Deutschland eine Regierungskrise“, so Merz, der auch CDU-Vorsitzender ist, am Dienstag vor einer Sitzung der CDU/CSU-Abgeordneten in Berlin. Kanzler Scholz habe „streckenweise wie ein Unbeteiligter am Spielfeldrand gestanden und so getan, als ob er mit der ganzen Sache nichts zu tun hat“, kritisierte Merz. Er könne sich „kaum vorstellen, dass es noch eine ausreichend sichere Grundlage für den Fortbestand dieser Koalition gibt“.

SPD-Fraktionsvize Miersch räumte ein, dass sich alle schnellere Ergebnisse gewünscht hätten. „Allerdings sind es eben ganz große Themen, teilweise Themen, die in der großen Koalition liegen geblieben sind“, sagte er. FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle kritisierte den ständigen Streit. „Was ich nicht gut finde, ist, wenn man die Zusammenarbeit in der Koalition grundsätzlich infrage stellt. Das sollten wir alle uns auch an die eigene Nase fassen, einschließlich der FDP“, erklärte er im ARD-„Morgenmagazin“. Alle drei Parteien versuchten, ihr eigenes Profil zu erhalten. Seine Prognose, der Ausschuss werde bis zum frühen Nachmittag fertig sein, bewahrheitete sich nicht.

Opposition spricht von Blamage

Die gesamte Opposition aus CDU, CSU, AfD und Linken wertete die Unterbrechung und die Länge der Beratungen als Blamage und Armutszeugnis. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, mit etwa 17 Beteiligten sei das Gremium ein „XXL-Koalitionsausschuss – zu groß, zu langsam und zu müde“. Er gehe davon aus, dass sich die Ampel-Politiker in den ersten Stunden über Stilfragen und weniger über Inhalte unterhalten hätten.

Scholz hatte die langen Verhandlungen am Montag mit der Komplexität der zu lösenden Aufgaben begründet. Es gehe um die Modernisierung Deutschlands. „Wir wollen sehr klare, konkrete Festlegungen treffen, die es möglich machen, dass wir das notwendige Tempo erreichen“, sagte er in Rotterdam. „Die gemeinsame Überzeugung der Regierung ist, dass die gesetzlichen Regeln, die wir über die letzten Jahrzehnte so allmählich zusammengeschraubt haben, nicht zu der Geschwindigkeit passen, die wir heute benötigen.“ Er verwies auf den Ausbau der erneuerbaren Energien, der Stromnetze und der Verkehrsinfrastruktur.