Im Schocken ist am Dienstag der Zeitgeist zu Gast gewesen. Sizarr waren da. Die drei Musiker aus der Pfalz haben ihre ganz und gar nicht provinzielle Musik vorgespielt. Und sie hatten Tourwein dabei.
Stuttgart - Zum Titel dieses Textes vorneweg so viel: „Weltmusik“ und „Pfalz“ denkt man spontan nicht wirklich zusammen, weil die Pfalz als Inbegriff der deutschen Provinz gelten kann. Sizarr kommen aus Landau in der Pfalz; das liegt zwischen Karlsruhe, Speyer und Kaiserslautern. Aber sie machen Musik, als wären sie in London aufgewachsen und dann, weil zu langweilig, nach New York gezogen. Womit wir auch schon beim Thema wären.
Ihrem Konzert im Schocken am Dienstagabend eilte bereits der noble Ruf als Liebling der Musikhipster voraus. Das Trio hatte weder Plattenvertrag noch Abitur, da spielte es schon auf dem Berlin Festival und ein Jahr später auf dem Melt – also auf zwei jener Veranstaltungen, bei denen man jenen Menschen vorspielt, die die frohe Kunde der Neuentdeckung dann über ihre stilprägenden Zeitschriften, Blogs und Webseiten hinaus in die Welt tragen.
Knallgelbe Übergröße-Pullis mit Comicfiguren drauf
Im September dieses Jahres folgte das Albumdebüt „Psycho Boy Happy“ und seit Mitte Oktober sind Sizarr auf Tour – zunächst nur durch Deutschland und Österreich. Aber, das zeigen die Platte und auch das Konzert im Schocken, diese drei jungen Herren treffen mit ihrem Sound (und ihrem Look) einen viel breiteren, einen internationalen Zeitgeist. Sie haben – Segen der Provinz und auch des Internets – in aller Ruhe ihren eigenen, an Referenzen gewiss nicht armen Stil finden können. Sogar knallgelbe Übergröße-Pullis mit Comicfiguren drauf stehen ihnen gut.
Wer Sizarr zum ersten Mal hört, muss das alles erstmal einordnen. Die großen Refrains, die ihre Songs durchaus haben, tauchen mehr überraschend auf als dass sie mit viel Brimborium musikalisch vorbereitet werden. Synthesizerlastig ist diese Musik, man denkt an Brian Eno oder poppigere Produktionen der frühen Neunziger. Die Gitarrensounds sind ebenfalls in dieser Zeit zu verorten: verwaschene Akkorde mal im verhallten Sound von U2 anno 1987, mal kurz vor Nirvana in deren ruhigeren Momenten. Darunter liegt ein solides, stets gebrochenes und phasenweise in Dubstep abgleitendes Schlagzeug; manchmal hört man auch ein bisschen Friendly Fires heraus. Gute Arbeit jedenfalls, die Drummer Gora Sou und P-Monney (Gitarre, Synthesizer) da abliefern.