Die Verteidigungsministerin ist zu einem Aufklärungsbesuch im Fall Franco A. ins französische Illkirch gereist. Zuvor war von der Leyen von Soldaten scharf kritisiert worden. Bundeskanzlerin Merkel stellte sich unterdessen hinter ihre Ministerin.

Illkirch-Graffenstaden - Im Skandal um den terrorverdächtigen Bundeswehroffizier Franco A. hat sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) im französischen Illkirch um Aufklärung bemüht. Die Ministerin wurde am Mittwochmittag am dortigen Standort der deutsch-französischen Brigade begrüßt, wo der wegen mutmaßlicher Anschlagspläne festgenommene Oberleutnant zuletzt stationiert war. Begleitet wurde die Verteidigungsministerin von Generalinspekteur Volker Wieker.

 

Die Affäre um Franco A. hatte Ende vergangener Woche mit Bekanntgabe der zunächst skurril klingenden Festnahme des Oberleutnants begonnen. Franco A. hatte monatelang ein Doppelleben als syrischer Flüchtling geführt und soll einen Anschlag geplant haben. Am Wochenende wurde dann bekannt, dass der Bundeswehr schon seit 2014 Hinweise auf eine rechtsextreme Gesinnung des Offiziers vorlagen. Im Verteidigungsministerium werden nun die Abläufe und Verantwortlichkeiten in solchen Fällen hinterfragt.

„Wir müssen uns die Wehrdisziplinar-Ordnung anschauen“, hieß es am Mittwoch aus Ministeriumskreisen. Es gebe offenbar „keine Ebene der Supervision“ für derartige Entscheidungsabläufe. Besonders im Fokus steht der Verantwortliche im Streitkräfteamt, das trotz eindeutiger Hinweise und Warnungen im Fall Franco A. keine Konsequenzen zog.

Masterarbeit mit völkischem und rechtem Gedankengut

Der Soldat hatte an der französischen Militärakademie Saint-Cyr eine Masterarbeit mit völkischem und rechtem Gedankengut vorgelegt, die den französischen Lehrern aufgefallen war. Später schlossen sich auch deutsche Gutachter dem kritischen Urteil an. Der Skandal zog in den vergangenen Tagen immer weitere Kreise. Medienberichten zufolge gibt es Hinweise auf weitere Beteiligte oder Mitwisser. Auf einer handschriftlichen Liste sollen mögliche Anschlagsopfer aufgeführt worden sein, darunter Justizminister Heiko Maas und der frühere Bundespräsident Joachim Gauck. Nach Informationen der „Welt“ standen auch der Zentralrat der Juden und der Zentralrat der Muslime auf der Liste. In Illkirch wurden außerdem ein Sturmgewehr mit eingeritztem Hakenkreuz sowie mögliche rechtsradikale Schmierereien gefunden.

Inzwischen hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen wegen des Verdachts einer staatsgefährdenden Gewalttat an sich gezogen. Von der Leyen sagte am Dienstag kurzfristig eine geplante USA-Reise ab und kündigte den Besuch in Illkirch an. Für Donnerstag lud die Ministerin hundert hohe militärische Führungskräfte nach Berlin, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Nicht einzige Affäre der Bundeswehr

Neben der Affäre um Franco A. hatte seit Jahresbeginn eine Reihe von Fällen von Erniedrigung während der Ausbildung bei der Bundeswehr für Aufsehen gesorgt. Von der Leyen steht wegen ihres Umgangs mit der Affäre unter Druck. Vertreter der Bundeswehr und anderer Parteien werfen ihr vor, die Truppe pauschal verurteilt zu haben und die Verantwortung abzuwälzen. Von der Leyen hatte am Wochenende „Führungsschwäche“ und „falsch verstandenen Korpsgeist“ bei der Bundeswehr angeprangert.

Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz warnte die Ministerin davor, die Verantwortung abzuschieben. „Frau von der Leyen macht ganz eindeutig für die Lage in der Bundeswehr alle verantwortlich und tut so, als habe sie selbst damit nichts zu tun“, sagte Schulz dem Sender WDR 5. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte sich hinter ihre Ministerin. Von der Leyen habe die „volle Unterstützung“ von Merkel und der gesamten Bundesregierung, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Es gehe darum, „alle Facetten“ des Falles Franco A. aufzuklären.