Die Schweizer Bundesanwaltschaft geht in der Affäre um die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 nach Deutschland in die Offensive – gut so, findet unser Redakteur Marko Schumacher.

Stuttgart - Bestimmt war es nur Zufall, das Timing ist dennoch bemerkenswert. Am Mittwochabend feierte Bastian Schweinsteiger seinen tränenreichen Abschied aus der Nationalelf – das ganze Land verneigte sich noch einmal vor dem Veteran aus der Generation Sommermärchen. Und am Tag darauf erklärte die Schweizer Bundesanwaltschaft, dass sie (schon im November) wegen des Verdacht des Betrugs, der Geldwäsche und Veruntreuung ein Strafverfahren gegen die Organisatoren eben jenes Sommermärchens ein Strafverfahren eingeleitet hat. Hier der Glanz, da der Sumpf – mehr Symbolik geht nicht.

 

Die WM 2006 bleibt einerseits auch mehr als zehn Jahre danach als Sternstunde in Erinnerung. So unbekümmert und offensivfreudig war zuvor noch keine DFB-Auswahl aufgetreten; so weltoffen und fröhlich hatte sich das Land noch nie präsentiert. Das Turnier hat nicht nur den deutschen Fußball verändert, sondern auch den Blick auf die Bundesrepublik.

Andererseits jedoch hätte es dieses Sommermärchen nie gegeben, hätten die Organisatoren um Franz Beckenbauer im Vorfeld nicht jene Spielregeln befolgt, die bei der Vergabe von Großereignissen galten (und teils noch immer gelten). Mit viel Geld und anderen Gefälligkeiten, daran besteht längst kein Zweifel mehr, haben sie die Stimmen korrupter Funktionäre gekauft.

Es gibt noch immer zu viele unbeantwortete Fragen

Man habe dafür keine Beweise gefunden, könne es aber auch nicht ausschließen – so lautete das wachsweiche Fazit der vom DFB in Auftrag gegebenen Untersuchungen durch die Kanzlei Freshfields. Sechs Millionen Euro ließ sich der Verband diese Erkenntnis kosten – in der Hoffnung, damit seinen Willen zur Aufklärung in ausreichendem Maße demonstriert zu haben und die Akte endlich schließen zu können.

Der Plan ist nicht aufgegangen. Die Schweizer Behörden machen ernst – gut so. Es gibt noch immer zu viele unbeantwortete Fragen rund um die dubiosen Zahlungsströme, in deren Mittelpunkt Franz Beckenbauer steht. Für den einstigen Fußball-Kaiser ist das Sommermärchen längst zum Albtraum geworden.

Man wünscht den Ermittlern viel Erfolg, auf dass dieses unschöne Kapitel deutscher Sportgeschichte irgendwann tatsächlich geschlossen werden kann. Vielleicht schaffen sie es ja bis März. Dann soll Lukas Podolski sein Abschiedsspiel bekommen, der letzte Sommermärchen-Veteran.