Die Franko-Argentinierin Marcela Iacub hat als Geliebte von Dominique Strauss-Kahn dessen „tierische Seiten“ ergründet und ein Buch darüber geschrieben. Der frühere IWF-Chef zieht wegen Verletzung der Menschenwürde vor Gericht.

Paris – Vielleicht ist es ja wirklich so gewesen. Vielleicht hat die streitbare Schriftstellerin und Juristin tatsächlich im Selbstversuch herausfinden wollen, wieso dieser Mann die Frauen derart in Bann schlagen, beherrschen, missbrauchen konnte. Und dann ist das Experiment außer Kontrolle geraten.

 

Marcela Iacub hat jedenfalls versichert, dass es so war. Sie habe nach der Affäre Dominique Strauss-Kahns mit dem New Yorker Zimmermädchen Nafissatou Diallo den früheren IWF-Chef persönlich kennenlernen, seinen Charakter ergründen wollen, hat sie gesagt. Und dann sei leider auch sie diesem Kerl verfallen, habe sich verliebt in dieses „reiche, berühmte, menschliche Schwein“, wie sie in der Bestandsaufnahme der mit DSK verbrachten ersten sieben Monate des Jahres 2012 schreibt.

„Schöne und Biest“ beschreibt auch fantasievolle Sexszenen

„Belle et Bête“ heißt das bereits auszugsweise im Magazin „Le nouvel Observateur“ erschienene Buch der Ex-Geliebten, „Schöne und Biest“. Auf 128 Seiten berichtet die auch schon in früheren Werken sexuelle Abgründe auslotende Autorin, was sie erlebt hat. Die Sexszenen seien fantasievoll ausgeschmückt, der Rest sei authentisch, hat die auch als leitende Mitarbeiterin des Nationalen Zentrums für Wissenschaftliche Forschung Furore machende Frau klargestellt. Wobei dieser Rest auch nicht gerade trocken daherkommt. Zur Begegnung Strauss-Kahns mit Diallo steht da etwa zu lesen: „Nur ein Schwein kann normal finden, dass eine bedauernswerte afrikanische Immigrantin ohne jede Gegenleistung Oralsex mit ihm macht, allein um ihm eine Freude zu bereiten, um demütig seiner Macht zu huldigen.“

Während das Gefühlsleben der 1964 geborenen Franko-Argentinierin mit dem schwarzen, nie ganz gebändigten Haar wieder halbwegs im Lot zu sein scheint, ist um sie herum eine Menge aus den Fugen geraten. DSK, im Buch zwar namentlich nicht genannt, von der Verfasserin in Interviews aber als tragischer Held des Werks ausgewiesen, ist vor Gericht gezogen.

DSK nennt es „lügnerisches Machwerk“

Der 63-Jährige hat „Ekel vor diesem lügnerischen Machwerk“ bekundet, die Autorin bezichtigt, ihm gegenüber aus finanziellem Interesse Liebe geheuchelt zu haben, und Klage wegen Verletzung der Privatsphäre und der Menschenwürde erhoben. Das an diesem Mittwoch in den Handel kommende Buch solle beschlagnahmt, die Verfasserin und der Verlag zu 100 000 Euro Schadenersatz verurteilt werden, hat DSK gefordert. Im Übrigen sei es niederträchtig, nachzutreten, wenn jemand bereits am Boden liege – eine Anspielung darauf, dass sich der durch die Vergewaltigungsvorwürfe des Zimmermädchens in Verruf geratene Franzose in der Heimat wegen der Teilnahme an Partys mit Prostituierten und des Verdachts organisierter Zuhälterei verantworten muss.

Beistand bekommt Strauss-Kahn von der Ehefrau Anne Sinclair, mit der er zwar nicht mehr Heim, Herd und Bett teilt, wohl aber die Opferrolle in „Schöne und Biest“. Sinclair habe davon geträumt, der ehemalige Hoffnungsträger der französischen Sozialisten werde es zum Präsidenten bringen und sie zur Première Dame, schreibt Iacub. Die wohlhabende Französin habe den von ihrem Vermögen abhängigen Politiker wie „einen Pudel an der Leine“ gehalten. Sinclairs Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Eine „perverse, ehrlose, sensationslüsterne Frau“ habe zur Feder gegriffen, ließ die der Herrschsucht Geziehene wissen.

Die Autorin provoziert und polarisiert gerne

Iacub ist freilich hart im Nehmen. Es ist nicht das erste Mal, dass die 1989 als Stipendiatin nach Frankreich gekommene Anwaltstochter provoziert, polarisiert. Als freie Frau hat sie sich stets begriffen. Sittenstrenge ist ihr ein Graus. So ist die auch als Kolumnistin hervorgetretene Fachjuristin für Bioethik zum Entsetzen französischer Feministinnen für „das Recht auf Prostitution“ eingetreten. Einen „öffentlichen Sex-Service“ hat sie gefordert. Pornografie erscheint Iacub genauso wenig verdammenswert. In der Debatte um Homo-Ehe und Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare hat sie sich für beides verkämpft. All dies hat Kritiker auf den Plan gerufen.

Iacub kann sich damit trösten, dass das von Strauss-Kahn eingeleitete Gerichtsverfahren ihr und dem Buch zusätzliche Aufmerksamkeit beschert hat und dass sich in die Empörung Zuspruch mischt. „Eine schöne Schweinerei“, schwärmt etwa die linke Tageszeitung „Libération“. Und der politisch ebenfalls links stehende, mit einem Vorabdruck die Auflage nach oben treibende „Nouvel Observateur“ rühmt Iacubs „verblüffende literarische Ausdruckskraft“. Roh und zugleich philosophisch habe die überzeugte Vegetarierin die tierische Seite des Helden herausgearbeitet.