Anna Veith ist wieder da. „Ich brenne aufs Rennfahren und bin bereit“, sagt das lange verletzte Ski-Ass aus Österreich. Im kanadischen Lake Louise gibt sie ihr Comeback.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Red Bull gewinnt in der Formel 1 seit ein paar Jahren fast keinen Blumentopf mehr, und Niki Lauda hat seinen Rückzug als Fernsehexperte verkündet. Als wäre das alles nicht schon schlimm genug, haben Österreichs Kicker auch noch die WM-Qualifikation verpasst. Das sind ernüchternde Momente, in denen die Österreicher zum Glück noch ein Ass in der Hinterhand halten: Ski alpin, die Rettung, die Hoffnung, die Paradedisziplin. Nur leider sucht die Slalom-Rakete Marcel Hirscher nach einer Verletzung noch ihre Form.

 

Wie gut, dass es da die schöne Anna gibt. Die hieß mal Fenninger, hört nach der Heirat mit dem ehemaligen Snowboarder Manuel Veith auf den noch immer gewöhnungsbedürftigen neuen Namen, aber das macht nix. Anna Veith aus Hallein bei Salzburg wird nach einer langwierigen Verletzungsgeschichte an diesem Freitag wieder im Starthaus stehen. Kanada, Lake Louise, Abfahrt, feine Sache. Sie ist neben Hirscher, ein paar Skispringern, Red Bull und möglicherweise auch dem verrückten Felix Baumgartner, der sich aus der Stratosphäre auf die Erde stürzte, wirklich das Größte, was Österreich zu bieten hat.

Weil die Anna nicht nur bei einem Geparden-Fotoshooting, sondern bei jedem ihrer Podestbesuche gezeigt hat, welch optischen Glanzpunkt sie in der alpinen Branche setzt, steht ihr Comeback natürlich unter dem Motto: Eine Nation bekommt ihr Gesicht zurück! Anna Veith, die geschmeidige Rennläuferin, das Herzerl, die zarteste Versuchung, seit im Alpenland abgeschwungen wird, sie ist zurück – und Österreich atmet auf. „Langweilig“ sei die Zeit ohne Weltcup- Rennen gewesen, sagt sie und zeigt ihr bezauberndes Lächeln. „Es gibt auch viele andere schöne Dinge – aber ich bin froh, dass es wieder losgeht.“

Die Zeit, in der sie sich mühsam zurückkämpfte, hat Anna „Nicht-mehr-Fenninger“ dazu genutzt, mal in sich zu gehen und über sich nachzudenken – „man erfährt etwas über sich und lernt sich kennen“, sagt sie. Ihre Standfestigkeit probierte sie erstmals im Oktober auf dem für eine Abfahrt üblichen harten Untergrund aus und kam zu dem aus ihrer Sicht fabelhaften Ergebnis: „Ich habe es verkraftet!“ Ohnehin hat die brünette Österreicherin im Sommertraining alles dafür getan, dass die Basis wieder stimmt. Sie weiß aber auch, dass die totale Attacke ihr am Anfang in Lake Louise nicht weiterhilft. „Wenn diese Basis da ist, darf man es nicht übertreiben, sonst haut es einen gleich wieder zurück und man verliert Zeit.“

Mit Achtungserfolgen würde sich Anna Veith bei ihrer Rückkehr jedoch nicht zufriedengeben. Das kann kaum der Anspruch einer Olympiasiegerin und dreimaligen Weltmeisterin sein – außerdem ist die Erwartungshaltung in Österreich gewaltig. „Ich würde unbedingt gerne mal wieder einen Wettbewerb gewinnen, egal ob einen Weltcup oder ein olympisches Rennen, denn ich war relativ weit weg in letzter Zeit“, erzählt die Speed- und Riesentorlauf-Spezialistin. Einfach mal wieder ganz oben zu stehen, sagt sie, „das würde mir sehr viel bedeuten“.

Am 21. Oktober 2015, drei Tage vor Saisonbeginn, stürzte die einst beste Rennläuferin der Welt im Training von Sölden und zog sich einen Kreuz- und Innenbandriss zu. Als wäre das nicht genug, ging auch noch die Patellasehne im rechten Knie kaputt. Die 28 Jahre alte Athletin fiel die komplette Saison 2015/2016 aus. Im darauffolgenden Winter gab Anna Veith dann Ende Dezember 2016 ihr Comeback – mit verhaltenem Erfolg. Als 49. schaffte sie es nicht in den zweiten Durchgang des Riesentorlaufs von Semmering. Ende Januar 2017 überraschte sie im Super-G von Cortina zwar als Dritte, doch nach dem sportlichen Fiasko bei der WM in St. Moritz, wo sie nach dem Ausfall im Super-G und Platz 22 im Riesenslalom auf die Abfahrt verzichtete, beendete sie vorzeitig und extrem frustriert die Saison. Die chronisch entzündete Patellasehne, sie schmerzte.

Nun ist Anna Veith wieder da. „Ich brenne aufs Rennfahren und bin bereit“, sagt das Liebkind der Nation. Also die Frau, die der Österreichische Ski-Verband nach einem Possenspiel zurückholte, weil er es nicht ertrug, dass sich der Stuttgarter Manager Klaus Kärcher um sie kümmerte und an ihr verdiente. Die Frau, der im Zuge dieser Streitereien die Gedanken an einen Nationalitätswechsel erfolgreich ausgetrieben wurden.

Anna Veith ist nicht nur Österreicherin geblieben – sie ist ein Teil von Österreich! Viele können das nicht von sich behaupten.