Die Amerikanerin Mikaela Shiffrin gewinnt in Sölden ihr 70. Weltcup-Rennen. Da sie erst 26 Jahre alt ist, sind die ganz großen Bestmarken nur eine Frage der Zeit.
Sölden/Stuttgart - Erst einmal stellte Mikaela Shiffrin den sperrigen Sölden-Pokal ab. Dann umarmte sie die drittplatzierte Slowakin Petra Vlhova, danach die Schweizerin Lara Gut-Behrami als Zweite, um sich dann auf das Siegerpodest zu begeben beim alpinen Saisonauftakt auf dem Rettenbachferner. Was für ein Auftakt für die Amerikanerin Mikaela Shiffrin! Sie war sich dessen auch bewusst, ging beim Erklingen der Nationalhymne spürbar in sich – und beim Schlussakkord, da flossen dann sogar die Tränen.
Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Warum die Skistars in der Klimakrise stecken
Als sie sich wieder gefasst hatte, erzählte sie, was sie fühlte an diesem traumhaften Tag, der sie so rührte. „Ich bin superglücklich. Heute war es ein Vergnügen, bei diesen Bedingungen Ski zu fahren, die Piste war außergewöhnlich gut präpariert“, sagte die seit Jahren erfolgreichste Skirennläuferin der Welt. Mikaela Shiffrin hatte beim Riesenslalom in Sölden mal wieder ihre Klasse unter Beweis gestellt – wie früher. Lediglich Lara Gut-Behrami hätte ihr noch gefährlich werden können, alle anderen Rennläuferinnen waren chancenlos, Vlhova lag als Dritte 1,3 Sekunden zurück. Also war Shiffrin auch sehr mit sich zufrieden bei Kaiserwetter am Gletscher über Sölden.
Wieder die Alte
Nach schwierigen 20 Monaten, in denen sie den Unfalltod ihres Vaters verkraften musste, scheint die Amerikanerin wieder ganz die Alte zu sein. Auch beflügelt sie die Liebe. Shiffrin und ihr Freund Aleksander Aamodt Kilde, der selbst ein erfolgreicher Rennläufer ist, präsentieren sich in den sozialen Medien immer mal wieder als ganz starkes Gespann.
Nun sind sie endgültig vorbei, die Ängste der Fans, der Tod des Vaters könnte die hoch veranlagte Skirennläuferin so aus der Bahn werfen, dass die Jagd nach Rekorden darunter leiden könnte – das ist spätestens seit diesem Auftakterfolg ein Trugschluss. Mikaela Shiffrin gewann in Sölden ihren 70. Weltcup, und das im Alter von 26 Jahren! Noch 13 Weltcup-Siege benötigt sie, um die Rekordfrau Lindsey Vonn (82 Erfolge) zu überholen, mit vier weiteren Siegen ist sie dann auch erfolgreicher als die schwedische Ski-Ikone Ingemar Stenmark (86). In drei oder vier Jahren dürfte Shiffrin auch diesen Thron bestiegen haben, der eigentlich als unantastbar galt im alpinen Zirkus.
Alles gewonnen
Doppelolympiasiegerin, sechsfache Weltmeisterin, dreimalige Gesamtweltcup-Siegerin – Mikaela Shiffrin hat alles gewonnen. Aber sie hat Ziele, immer wieder, mit Sölden hatte sie noch eine Rechnung offen, die sie nun erfolgreich beglichen hat. Am 25. Oktober 2014 gewann sie zum ersten und bis Samstag letzten Male den Riesenslalom auf dem Rettenbachferner – damals zeitgleich mit der Österreicherin Anna Fenninger. „Ich bin hierhergekommen, um nach so vielen Jahren zu gewinnen“, sagte Mikaela Shiffrin lächelnd nach ihrem Meisterstück – das nicht das letzte gewesen sein wird im bevorstehenden Winter. Die Konkurrenz, sie befürchtet es. Und Mikaela Shiffrin freut sich darauf. Die Zukunft gehört wieder ihr.