Felix Neureuther holt Slalomsilber, nur der Österreicher Marcel Hirscher ist schneller. Er könne damit leben, sagt Neureuther. Mit dem knappen Sieg Hirschers ist den Österreichern so eine Art zweites Cordoba gelungen.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Schladming - Felix Neureuthers Prognose für ein packendes Slalomduell ist auch zum WM-Abschluss eingetroffen. Zwischen dem Deutschen und dem Österreicher Marcel Hirscher kam es am Sonntag nämlich zu dem atemberaubenden Duell, das Neureuther in seiner bayrisch-rustikalen Art neulich so beschrieben hat: „So ein Zweikampf zwischen einem Piefke und einem Nusser, der ist gut für den Sport“, sagte er. Als Nusser bezeichnen die Oberbayern die Österreicher.

 

Doch wie schon in Kitzbühel gab es für Neureuther, den Piefke, kein Vorbeikommen an Hirscher, dem Nusser. Der sank auf die Knie, als ihm Tausende huldigten mit rot-weiß-roten Fahnen und ohrenbetäubendem Gebrüll. Die bei ihrer WM lange Zeit goldlosen Österreicher hatten all ihre Hoffnungen in den 23-Jährigen aus Annaberg im Salzburger Land gesetzt. Der zerbrach nicht an der Last der turmhohen Erwartungen, sondern bestätigte auch auf der Planai seine glänzende Form. Neureuther stapfte mit seinen sperrigen Skistiefeln zu Hirscher, nahm ihn in den Arm und klopfte ihm auf die Schulter. Piefke und Nusser sind ja auch erstaunlich gut befreundet. Sie trainieren zusammen, treiben sich an – und hauen am Abend dann auch mal gemeinsam auf die Pauke.

Hirscher ist der Beste, Neureuther der Zweitbeste – das ist bis auf zwei Ausnahmen fast den ganzen Winter so. Doch Neureuther hatte Hirscher schon bezwungen, und es hätte auch gestern wieder klappen können bei dieser WM, denn so viele Chancen auf Gold gibt es im Leben nicht. Es sollte aber nicht sein: 0,42 Sekunden trennten den Partenkirchener davon, der dritte Slalomweltmeister der deutschen Skigeschichte zu werden. Und so stellte sich die in Schladming schwerste aller Fragen: Darf es auch ein bisschen Silber sein?

Es hat eben nicht ganz gereicht

Felix Neureuther konnte damit leben, sehr gut sogar, es hat eben nicht ganz gereicht. Im Zielraum sank er zwar auch noch einmal auf die Knie und schaute nachdenklich zu Boden – doch da kam auch schon Kumpel Hirscher an und half ihm wieder auf. Als Neureuther das Silber empfangen hatte und sich zum Interviewmarathon begab, war er glücklich und gerührt. „Es ist gewaltig, es sind gerade so die Emotionen hochgekommen, das war heute die absolute Schmerzgrenze“, sprach er. „Das war das Anstrengendste, was ich je gemacht habe“, fuhr er fort und wischte sich eine Träne weg. Dann dachte er kurz nach und war schon wieder für einen kleinen Scherz zu haben. „Die Revanche für Cordoba ist mir nicht ganz gelungen, aber nahezu.“

Der Abfahrer Florian Eckert war der letzte deutsche Rennläufer, der eine Einzelmedaille gewann, doch das ist lange her. Bei der Schussfahrt in St. Anton holte er 2001 Bronze, musste vier Jahre später aber wegen eines Schienbeinkopfbruches seine hoffnungsvolle Karriere zu früh beenden. So sprach der DSV-Alpinchef Wolfgang Maier auch von einem „extremen Erlebnis“, in Schladming Silber mitzunehmen. „Die letzte Männermedaille 2001, die letzte Slalommedaille 89 – das ist für uns historisch. Ich bin extrem stolz auf diese Jungs.“

Fritz Dopfer komplettierte als Siebter das ausgezeichnete Slalomergebnis der Mannschaft, schon im Riesentorlauf waren er und Neureuther unter den besten zehn. Doch die Vorstellung gestern war der Höhepunkt. Nach dem ersten Durchgang führte Hirscher vor Neureuther, dahinter lauerte der Österreicher Mario Matt, der seinen dritten Platz am Ende auch behielt. „Als der Mario mit schnellster Zeit im zweiten Durchgang unten ankam, da dachte ich mir: Neureuther, jetzt musst Gas geben! Und als es ziemlich leise war, da wusste ich, dass ich schnell unterwegs bin.“

Matt holte er noch ein, aber Hirscher war als letzter Starter zu flink, zu sicher und zu selbstbewusst – angetrieben von 37 000 überwiegend österreichischen Zuschauern. „Ich bin stolz, dass ich den Druck ausgehalten habe, denn es gab ja auch viele, die daran gezweifelt haben, dass es der Neureuther hier schafft“, sagte der Bayer noch und machte sich auf den Weg. Mit Silber, das Gold hätte sein können, wenn der Nusser nicht wär.