Die talentierte Slalomläuferin Lene Dürr ist oft unter den besten zehn gewesen – aber im Einzel nur einmal auf dem Stockerl.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Lena Dürr? Wer war das noch gleich? Aber klar, die deutsche Skirennläuferin ist immer noch dabei – Experten unter den Skifans kennen sie natürlich. An diesem Samstag wird im finnischen Levi der erste Slalom des Weltcup-Winters absolviert, und deshalb präsentiert sich die gebürtige Münchnerin mit ihrem sympathisch-frechen Lächeln per Videokonferenz aus dem Trainingsort Sölden bei bester Laune. „Ich weiß, was ich zu tun habe“, sagt Lena Dürr vor dem Levi-Rennen, „und das versuche ich dann auch abzurufen.“

 

Was etwas ungriffig klingt, meint nichts anderes als das: Lena Dürr will Gas geben. Das ist einerseits erfreulich, doch andererseits muss man auch sagen: Hätte sie das in ihrer Karriere öfter getan, wäre sie mehr in den Vordergrund gerückt. Nun gerät die Frau, die sonst eher unterhalb der Wahrnehmungsschwelle mitwirkte, in die erste Reihe, ob sie will oder nicht. Die Riesenslalom-Olympiasiegerin Viktoria Rebensburg hat aufgehört, ebenso wie Dürrs langjährige Slalom-Kollegin Christina Ackermann. Mit ihren 29 Jahren ist Lena Dürr nun sozusagen der alte Hase im Frauenteam und damit gefühlt auch eine Art Frontfigur.

Elegant ausgewichen

Ob sie das auch so sieht? Lena Dürr weicht der Frage elegant aus. „Für mich ändert sich nichts“, sagt sie im Hinblick auf den Rücktritt von Rebensburg. Die Berührungspunkte seien mit der Riesenslalom-Spezialistin ohnehin nicht groß gewesen, warum sollte sie also in deren Rolle als Nummer eins schlüpfen. „Mir fehlt eher die Tina“, sagt sie und meint damit Christina Ackermann, die ihrerseits wie Dürr mit dem Slalom besser zurechtkam als mit dem Riesentorlauf. Im Slalom-Bereich habe sie dagegen mit Rebensburg ja nie etwas zu tun gehabt, sagt Lena Dürr.

Im Jahr 2008 gab die Bayerin ihr Weltcup-Debüt. Als im Prinzip hochveranlagt eingestufte Slalomläuferin fiel sie aber vor allem dadurch auf, nie richtig den letzten Sprung nach vorne gemacht zu haben. Eine Podest-Anwärterin war Lena Dürr nie. 19-mal landete sie in den Top Ten, das ist sehr ordentlich, und damit gehörte sie oft auch zu den besten Technikerinnen der Welt – aber eben nicht zu den allerbesten. Bei Lena Dürr ist der Knoten nie wirklich geplatzt. Gleiches galt für ihre langjährige Slalom-Freundin Christina Ackermann, die unter ihrem Mädchennamen Geiger den Großteil ihrer Karriere bestritten hatte. „Da müsste von beiden mehr kommen“, so lautete ein Standardzitat aus dem Trainerstab des DSV.

Nur einmal stand Lena Dürr so richtig im Rampenlicht. 2013 war das, in Moskau. In der russischen Hauptstadt gewann sie ihr einziges Weltcup-Rennen, allerdings nur einen als minderwertig eingestuften City-Event. Im selben Winter holte sie dann noch mit Mannschaftsbronze bei der WM in Schladming ihre einzige Großveranstaltungsmedaille und wurde im Slalom-Weltcup gute Elfte. Doch nach diesem starken Winter verpasste sie die Qualifikation für die Winterspiele 2014 in Sotschi. Aus ihrer besten Saison konnte Lena Dürr keine Kraft ziehen für den Sprung nach ganz oben. Die Tendenz ihrer Leistungskurve war eher wieder rückläufig.

Auch Dopfer ist gespannt

Neuer Winter, neues Glück? So will Lena Dürr die Corona-Saison angehen. Angekommen im letzten Karrieredrittel möchte sie sich und der Skiwelt noch einmal etwas beweisen. Der Riesenslalom-Auftakt in Sölden ging zwar mächtig daneben, so schafften es Dürr und ihre drei DSV-Kolleginnen nicht einmal in den zweiten Durchgang. Doch im Slalom soll jetzt alles anders werden. „Der Hang und die Bedingungen in Levi liegen mir. Auch ist es immer ein spezielles Gefühl in Finnland, weil es dort oben im hohen Norden erst spät hell und schon wieder früh dunkel wird“, sagt Lena Dürr, die in dem finnischen Skiort zuletzt die respektablen Plätze zwölf, sechs und zehn belegte. „In Levi macht es mir richtig Spaß“, sagt sie.

Auch der Ex-Rennläufer Fritz Dopfer wird gespannt verfolgen, ob seiner Lebenspartnerin in diesem Winter endlich der letzte Schritt gelingt. In einem hochwertigen Einzelrennen mal aufs Stockerl zu fahren oder zu gewinnen, das wird von ihr seit Jahren erwartet. Ski fahren kann sie. Jetzt muss sich Lena Dürr aber auch mal belohnen.