Richard Freitag gilt schon als neuer Star unter den deutschen Skispringern. Eigentlich kein Wunder, denn der Sport liegt bei ihm in der Familie.

Harrachov/Breitenbrunn - Erst gab es auf der Rückfahrt bei McDonalds in Dresden den größten Burger als Belohnung, dann wurde der neue deutsche Überflieger Richard Freitag in Breitenbrunn von der ganzen Familie bejubelt. „Ich bin so stolz auf meinen Sohn“, sagte Papa Andreas. Er hatte daheim am Fernseher mit gezittert, als „Richi“ zum ersten Weltcupsieg seiner Karriere flog. Ausgerechnet in Harrachov, wo Vater Freitag vor 29 Jahren seinen einzigen Triumph als Flieger gefeiert hatte.

 

Es steht nach Siegen 1:1, das „Familienduell“ ist damit eröffnet. „Ich werde alles dafür tun, dass Harrachov nicht mein einziger Sieg bleibt“, sagt Richard. Deshalb wird der 20-Jährige schon am Dienstag in Oberwiesenthal wieder für den nächsten Weltcup am Wochenende in Engelberg trainieren, während Papa Andreas als Orthopäde am OP-Tisch stehen muss. Natürlich war sein Vater ein wichtiger Grund, warum Richard Freitag den Weg zum Skispringen fand. Aber eigentlich begann seine Karriere auf dem Sofa.

Hannawald bringt Freitag zum Skispringen

„Mein fünf Jahre älterer Bruder Christian und ich haben Skispringen geschaut. Sven Hannawald hat uns begeistert“, erzählt Freitag der Nachrichtenagentur dapd: „Nach der Übertragung hat Christian gesagt: Richi wir melden uns auch beim Skispringen an.“ Zum Glück wohnte in Johanngeorgenstadt Erich Hilbig. Der Nachwuchstrainer hatte einst schon das Talent Sven Hannawalds entdeckt. Der Rentner präparierte die Jugendschanze in seiner Stadt im Ein-Mann-Betrieb und freute sich, wenn die Jungs saubere Sprünge hinlegten.

„Guckt mal, der Kleine, der hat Talent. Das ist der Junge vom Holger“, sagte Erich Hilbig schon vor elf Jahren den Journalisten. Mit 13 wechselte Richard dann auf die Sportschule nach Klingenthal. „Ich war dort Nordischer Kombinierer. Mit 15 hatte ich die Nase voll. Sich so allein durch den Wald zu schinden, war nicht man Ding. Da ich beim Springen ganz gut aussah, wechselte ich an die Sportschule nach Oberwiesenthal zu den Spezialspringern“, gesteht Richard ehrlich.

Ab 2014 Studium statt Sport?

Im vergangenen Sommer bestand der Jungadler an der höchstgelegenen Sporteliteschule Deutschlands mit guten Noten das Abitur. Studieren? „Ich hatte gern Medizin studiert, aber das lässt sich mit dem Sport nicht vereinbaren. Ich bin ab 1. Januar bei der Bundeswehr-Sportfördergruppe in Frankenberg und konzentriere mich bis Olympia 2014 voll auf den Sport“, erzählt Freitag. Was danach wird, hängt vom Erfolg ab: „Wenn ich 2014 vorn mit springe, bleibe ich noch beim Sport, wenn nicht, beginne ich ein Studium.“

Der kluge Flieger denkt also schon weiter, obwohl viele den bei 1,73 Meter Größe nur 59 kg schweren Mann eine ganz große Karriere zutrauen. Er kommt nicht nur aus einer sehr sportlichen Familie - Papa Andreas schwang sich einst bei Olympia 1984 von der Schanze. Richard Freitag ist auch im Krankenhaus in Erlabrunn geboren, wo auch die Olympiasieger Jens Weißflog und Sven Hannawald das Licht der Welt erblickten. Vor zehn Jahren gewann Hannawald als letzter Deutscher die Vierschanzentournee - und Freitag könnte zum Jahreswechsel seine Nachfolge antreten.

„Ich spüre natürlich die Erwartungen, zumal Jens Weißflog ebenfalls die Sportschule in Oberwiesenthal besucht hat. Aber mein Trainer Timo Haase sagt immer: Das ist unsere Sportgeschichte. Du kannst daraus lernen und musst aber deinen eigenen Weg gehen“, erzählt Freitag: „Sven Hannawald habe ich im Erzgebirge nie getroffen. Jens Weißflog begegne ich ab und zu, dann reden wir immer ein bisschen miteinander“, erzählt Richard Freitag. Selbst zu Hause ist das Skispringen nicht ein ständiges Thema.

Gute Vermarktungschancen

Dort lebt er in Breitenbrunn im „Hotel Mama“. Auf der Tasche liegt er seinen Eltern aber nicht, schließlich hat er in den ersten sieben Springen der Saison schon 29.400 Schweizer Franken verdient. Davon kann man als Single ganz gut leben. Und die Vermarktungschancen schätzt Manager Gerd Siegmund gut ein: „Er kommt bei den Leuten gut an. Und er ist keiner, der die Bodenhaftung verliert.“

Obwohl die Freitags bis Mama alle auf der Schanze abheben - selbst die zehnjährige Schwester Selina. Sie ist auf der Sportschule in Oberwiesenthal und Mama übernimmt immer den Fahrdienst zur Schule und zum Training. „Und wenn sie als OP-Schwester wegen des Dienstes nicht kann, springt sofort mein Opa ein.“ Der Opa hatte am Montag übrigens Geburtstag - die Feiern in der Heimat des neuen deutschen Überfliegers nehmen einfach kein Ende.