Die prächtigen Badetempel im Rems-Murr-Kreis benötigen offenkundig auch höchst originelle Namen. Demnächst darf man in Weinstadt im neuen „Das W“ auf die Startblöcke klettern.
Das reichhaltige Angebot für Badefreunde lässt im Rems-Murr-Kreis nur wenig Wünsche offen. Gleich mehrere, relativ neue, durchaus mit modernem Schnickschnack ausgestattete Schwimmtempel locken die Menschen aus dem Landkreis wie auch insgesamt aus dem Großraum Stuttgart.
Doch Whirlpool, Strömungskanal, Sprudlerbecken, 40-Grad-Ausruhbassin oder Endlosrutsche – all das reicht heutzutage offenkundig nicht mehr aus, um ganz vorne mitschwimmen zu können. Wer fit für die Zukunft sein will, kann sein neues wässriges Vorzeigeprojekt nicht simpel „Hallenbad Vordertupfingen“ nennen. Vielmehr verlangt es eine angemessen neumodische Namensgebung.
Weinstädter Ideen: W, W, W, W, W, W, W und W
Wer sich als Profi gern unter Wasser begibt, hat dank langer Tauchgänge ausreichend Erfahrung, wie er genügend Luft anhalten und wie er die Sauerstoffzufuhr fürs Hirn bestens einsetzen kann. Getreu dieser Devise sprudeln am Ende dann die originellsten Namensideen aus den Schwimmbecken.
Und so kann man sich gut vorstellen, wie im mittleren Remstal in den vergangenen Monaten die Synapsen glühten, um die aus fünf kleineren Ortsteilen bestehende und manchmal etwas unter dem Radar von Schorndorf oder Waiblingen segelnde Große Kreisstadt Weinstadt auf der Bäderlandkarte gebührend zu platzieren. Und zwar mit einem so schlichten wie genialen Namens-Kniff.
Erst vor wenigen Tagen verkündete das Büro des Weinstädter Oberbürgermeisters Michael Scharmann, in welchem Schwimmtempel man ab dem Eröffnungstermin am 20. September dieses Jahres seine Kraul- oder Brustzüge machen kann: Er heißt ganz simpel: „Das W“.
Ups. Okay, kann man machen. Aber, um mit (dem nicht als Leistungsschwimmer bekannten) Herbert Grönemeyer zu fragen: Was soll das? Pressesprecherin Susanne Herrmann weiß die Hintergründe: „,Das W’ steht symbolisch für Wasser, Wein, Weinstadt, Wonne, Wohlfühlen, Wärme, Wellen, Wachmacher.“ Na, achtmal W, erschöpfender kann eine Begründung kaum ausfallen.
„Gehn mir heut ens Zipfele?“
Doch Weinstadt zieht nur nach, was andernorts in der Umgebung schon werbetechnisch exerziert wurde. In Winnenden beispielsweise gibt es seit dem Jahr 1991 das Wunnebad. Ursprünglich sollte es gar „Badezentrum Zipfelbachtal“ heißen. Groteske Vorstellung, denn, na ja, was fragt dann der Papa den Sohnemann zwecks Freizeitgestaltung am Samstag: „Du, Alexander, gehn mir heute amole ens Zipfele?“ Die Umbesinnung beim Namen muss nicht immer verkehrt sein.
Und die aktuell dem Weinstädter Hallenbad zugeschriebene Wonne gibt’s im nördlichen Landkreis, in Backnang, schon viel länger: Murrbäder Backnang Wonnemar heißt das dortige, 2012 eröffnete Hallenbad. Vorausgegangen war ein monatelanger Ideen-Wettbewerb, die Backnanger Kreiszeitung präsentierte wochenlang die witzigsten der insgesamt 400 eingegangenen Vorschläge.
Backnanger Ideen: Murradies oder Nopperado
Hier eine Auswahl der damaligen, spritzigen Geistesblitze: Wonnemurr, Wellamar, Murradies, Murrtopia, Aquamurr oder Bad Backena (in Anspielung auf die schwäbische Aussprache der Stadt). Auch der damalige Oberbürgermeister Frank Nopper, mittlerweile Rathauschef in der Landeshauptstadt Stuttgart, inspirierte die Backnanger Bevölkerung zu manchen Ideen, etwa Noppinarium oder Nopperado.
Nopper selbst hatte auch einen Favoriten: Murr-Mertropool hätte ihm gefallen, in Anlehnung an das seinerzeit ebenfalls von ihm für Backnang erfundene Synonym „Murr-Metropole“. Doch Noppers Vorschlag kam nur auf 10 Stimmen im Gemeinderat, auf Murrbäder Backnang Wonnemar entfielen 13 Stimmen.
Noch rätselhafter als in Winnenden, Backnang oder Weinstadt geht’s in Fellbach zu. Dort wurde im September 2013 auf dem zuvor freien Feld hinter dem Jugendhaus nahe der Esslinger Straße für 45 Millionen Euro ein neues, kombiniertes Hallen-Freibad errichtet. Mit dem seinerzeit verkündeten Namen, F.3, konnten damals die wenigsten etwas anfangen, die Wissenslücke ist insbesondere bei auswärtigen Gästen bis heute nicht geschlossen.
Was steckt dahinter? Nun, das Bad nennt sich ja Fellbacher Familien- und Freizeitbad, also dreimal F, oder umgedreht: F.3, voilà! Irgendwann, einige Jahre später, fanden die Ästheten der Stadtverwaltung dann, dass der Punkt mittendrin etwas sperrig wirkt, er wurde kurzerhand entfernt, man nennt sich sich nun also F3 – ergänzt um den Marketingzusatz „Das Wohlfühlbad“.
Dreimal F in Fellbach, das ist dann F3
Der damalige OB Christoph Palm, der die ersten Gäste übrigens in Bademantel und Latschen empfing, war sich von Anfang an sicher: „Die ganze Region wird nach Fellbach blicken; das F.3 wird das modernste Erlebnisbad im Großraum Stuttgart sein.“ Die Gästezahlen jedenfalls sind mehr als zufriedenstellend.
Achtmal W in Weinstadt, dreimal F in Fellbach, was für ein Buchstabenstakkato. Ob der Erfolg in Fellbach, in der Vorgängervariante zu Weinstadt, mit „Das F – Hallenbad Fellbach“ ebenso gelungen wäre, oder ob F3 mehr Lust aufs Schwimmvergnügen macht, wird wohl ein ewiges Rätsel bleiben. Blubb, Blubb!